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''Liliths Wiederkehr'': Den Satan fürchte ich nicht

Joumana Haddad feiert die mythische Rebellin Lilith

Was immer die 38-jährige Libanesin Joumana Haddad schreibt, funkelt vor Temperament, Vitalität und Sinnlichkeit. Ihre Gedichte leben von mahnenden Prophezeiungen, surrealen Visionen und biblischen Tönen. Wie in ihren vier bisherigen Lyrikbänden setzt sie sich auch in „Liliths Wiederkehr“ – dem ersten, der auf Deutsch erscheint und neben Versen auch dramatische und prosaische Formen verwendet – mit dem Prozess weiblicher Selbstbefreiung auseinander. Er zielt, wie er selbst einmal erklärt hat, auf eine Wiederherstellung des Matriarchats.

„Liliths Wiederkehr“ ist in erster Linie das Zeugnis einer Rebellion wider die mehrtausendjährige männliche Vorherrschaft. Die Figur der Lilith ist ein alter orientalischer Mythos. Wie Adam erschuf Gott sie einst aus Lehm. Alte sumerische, hebräische und babylonische Legenden besagen nun, dass Lilith sich der göttlichen Verfügung widersetzte, Adam Untertan zu sein. Sie verließ das Paradies, streifte, von einer Löwin und einer Eule begleitet, in der Wüste umher. Gott musste sich entschließen, aus Adams Rippe die gefügige Eva zu formen. Auch Joumana Haddads Lilith ist eine leidenschaftliche Rebellin und fürchtet weder Gott noch Teufel: „Ja, eines Tages werde ich erwachen und vergessen, dass ich Er bin. Den Satan fürchte ich nicht, denn er träumt von mir.“ Lilith ist der zügellose Engel, die Fantasie des unbefriedigten Sexus, die Mähne der Löwin, Göttin und Hure, Rettende und Verderberin.

Wie in Nietzsches „Zarathustra“ will Joumana Haddad einen neuen Menschentypus vorstellen: „Ich will nicht, dass Frauen zu Männern werden, sondern deren gleichberechtigte Partner. Das ist meine dichterische Aufgabe, mein Ziel.“ Hier geht es nicht nur um die Emanzipation der Frau wider die orientalischen Männerdespotien, wie sie in den 50er Jahren Laila Baalbaki in ihrem epochalen Roman „Ana Ahia“ forderte, sondern um die kompromisslose Gleichstellung auf allen Gebieten: sinnlich wie sozial. Worum es dabei geht, kennt sie aus eigener Erfahrung. Beruflich ist die einmal geschiedene und neu verheiratete Joumana Haddad Feuilletonredakteurin der Zeitung „An-Nahar“. Sie ist Mutter von zwei Kindern und darf das Land ohne die schriftliche Genehmigung der Väter nicht verlassen. Jacques Naoum

Joumana Haddad: Liliths Wiederkehr. Aus dem Französischen von Heribert Becker. Verlag Hans Schiler, Berlin 2008. 90 Seiten, 12,80 €.

Jacques Naoum

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