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© dpa

Literatur: Problembär Bruno als Muse

Ein neues Kinderbuch und eine Künstlernovelle setzen Braunbär Bruno ein literarisches Denkmal. Die Einstellungen der Autoren gegenüber dem Tier sind sehr unterschiedlich. Der österreichischen Autorin Ingeborg Maria Ortner ist der Bär ein Herzensanliegen - dem bayrischen Dichter Gerhard Falkner war er anfangs hingegen ziemlich egal.

Das tragische Ende ist programmiert - auch im Kinderbuch. Ein düsteres Bild zeigt den letzten Blick von Braunbär Bruno auf einen Jäger. "Plötzlich knallte es furchtbar und hallte als Echo wider", heißt es im Text darunter. "Ein plötzlicher Schmerz durchzuckte meinen Körper und streckte mich zu Boden. Dann wurde es dunkel um mich herum." Zwei Jahre nach Brunos Abschuss inspiriert der "Problembär" nach wie vor Schriftsteller: Die österreichische Autorin Ingeborg Maria Ortner verfasste ein Kinderbuch, der Dichter Gerhard Falkner setzte Bruno mit einer Künstlernovelle ein literarisches Denkmal.

Der 57-jährigen Ortner war ihr Kinderbuch "Bruno, der Bär" ein Herzensanliegen. "Weil es mir furchtbar wehgetan hat, dass Bruno vor zwei Jahren als junger Bär erschossen wurde", schildert sie. Beim Schreiben habe sie versucht, sich in Bruno hineinzuversetzen. So ist denn das Buch auch aus der Perspektive des Raubtiers geschrieben. Die Illustrationen haben Schüler eines Gymnasiums beigesteuert.

Naturidylle, die vom Menschen zerstört wird

Die Autorin schildert eine Naturidylle. Der Bär fängt eine Forelle, schüttelt Äpfel von einem Baum, wälzt sich im Gras, liegt in der Sonne und träumt von seiner Mama und seinen Geschwistern. Einzig der Mensch gefährdet diesen Frieden: Bruno wird von Jägern verfolgt. "Komisch, warum eigentlich, ich tu ja keinem Menschen etwas zu Leide", klagt der Bär. Ortners Botschaft ist im Buch allgegenwärtig: Es geht ihr um die Achtung vor der Natur.

Explizit zusammengefasst hat die Grazer Autorin ihr Anliegen in einem kurzen Nachwort. "Bruno hätte weiterleben können, aber einige Menschen habe es nicht so gewollt", beklagt sie. "Wenn wir aus diesem traurigen Ende eines lernen, nämlich mit der Natur in Einklang zu leben und der Schöpfung Respekt zu erweisen, so wären wir einen Schritt weiter."

Ortner hat nach eigenen Angaben bereits Anfragen aus Kroatien und Slowenien, das Buch in einer Übersetzung herauszugeben. Die deutschsprachige Ausgabe enthält eine spanische Übersetzung des Textes. Sie wolle dadurch die Kinder neugierig auf andere Sprachen machen, sagte Ortner.

Selbstfindung ist Thematik der Novelle "Bruno"

Dem im fränkischen Schwabach geborenen Falkner dagegen war Bruno anfangs ziemlich egal. "Zuerst hat mich dieses Vieh eigentlich gar nicht interessiert", sagte der Autor kürzlich in einem Interview. Für die Berichterstattung über den Bären in den Medien habe er gar einen "gewissen Widerwillen" empfunden. Die Idee für die Novelle "Bruno" sei ihm schließlich "aus heiterem Himmel" gekommen. Der Dichter hat den Bären für seinen Text allerdings aus Bayern in die Schweiz abwandern lassen: "Das war eine der wenigen Fälschungen, die ich mir erlaubt habe, sonst hätte die Geschichte nicht funktioniert."

Falkner lässt im Text einen deutschen Schriftsteller durch das schweizerische Wallis streifen, auf der Suche nach dem Bären - und vor allem nach sich selbst. "Deswegen renne ich hier durch den Wald und suche einen Bären, weil es sein könnte, dass sich hinter ihm etwas verbirgt, was mir Auskunft gibt über mich", sinniert der Ich-Erzähler. "Tritt heraus, zottiger Bär! Zeig dich mir, verdammt noch mal, damit ich endlich den Beweis habe, dass wenigstens noch eine Bestie frei herumläuft außer mir. Was heißt hier Bestie, widersprach ich mir, denkst du jetzt auch schon in dieser Idiotensprache."

Kunstvolle Einflechtung verschiedenster Themen

Kunstvoll verbindet der Autor die Selbstfindungsthematik mit detaillierten Beschreibungen der Gebirgswelt, flechtet Exkurse über Neurophysiologie und Weltpolitik, Gegenwartskunst und Fußball ein. Die Novelle ist gespickt mit Verweisen auf die Weltliteratur (Ernest Hemingway, Adalbert Stifter und Michail Lermontow), reflektiert aber auch die Problematik des Naturschutzes. "Die Alpen sind vernichtet", resümiert der Erzähler. "Die Bären und die Jäger, die kann man nur noch halten im Bärengraben und im Jägerheim, wo sie sich von den Problemmenschen anstarren lassen müssen. Bald wird es nur noch diese Problemmenschen geben."

Als der Erzähler den Bären endlich findet, ist Bruno schon tot: "Die vier Beine oder die zwei Beine und zwei Arme hatte er weit von sich gestreckt. Er sah aus, als wollte er die Erde umarmen und als wäre sie nur zu groß für ihn. Dabei war sie zu klein für ihn." Dank Falkners Text hat der Braunbär zumindest in der Literatur einen würdigen Platz gefunden. (lee/ddp)

Ingeborg Maria Ortner: "Bruno, der Bär", Weishaupt Verlag, 2008, 32 Seiten, 14,50 Euro, ISBN 978-3-7059-0277-0, Gerhard Falkner, "Bruno", Berlin Verlag, 2008, 112 Seiten, 18 Euro, ISBN: 978-3-8270-0785-8.

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