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Schreibwaren: Haste mal ’n Euro?

Steffen Richter über die Vor- und Nachteile subventionierter Literatur.

Literaturstipendien sind so eine Sache. Gerade im dichten deutschen Fördernetz führen sie gelegentlich zu „Stipendienkarrieren“ – also mittelfristig subventionierter Realitätsabstinenz. Dann aber gibt es Fälle, in denen jeder Stipendien-Cent eine Investition in außergewöhnliche Literatur war. Michael Lentz ist so ein Fall. Mittlerweile Professor am Leipziger Literaturinstitut, hielt sich Lentz im Jahr 2001 als Stipendiat in der kalifornischen Villa Aurora auf. Diese gehörte einst Lion Feuchtwanger und war ein Zentrum deutscher Exilschriftsteller in den dreißiger und vierziger Jahren. Lentz kam hier die Idee zu seinem Roman „Pazifik Exil“, mit dem er sich direkt in die Köpfe seines prominenten historischen Personals hineinbegibt (siehe Besprechung S. 22). Heute kommt er zur Buchpremiere ins Literarische Colloquium (Am Sandwerder 5).

Ebenfalls ein Fall von gelungener Schriftstellerunterstützung ist die LCB-Autorenwerkstatt, in der unter Anleitung profilierter Autoren junge Schriftsteller im Rahmen von Wochenendseminaren an Texten arbeiten können. Frühere Teilnehmer waren etwa Judith Hermann, Georg Klein oder Inka Parei. Nach der Gründung vor zehn Jahren übernehmen Katja-Lange Müller und Burkhard Spinnen jetzt ein zweites Mal die Leitung der Autorenwerkstatt. Wie es der Zufall will, haben sie in diesem Herbst selbst neue Bücher geschrieben, Katja Lange-Müller den Roman „Böse Schafe“ und Burkhard Spinnen den Kriminalroman „Mehrkampf“. Welche Rolle ihre Heimatstädte und ihre selbst gewählten Images (hier die intellektuelle Plebejerin, dort der scharfzüngige Bildungsbürger) beim Schreiben spielten, erzählen sie am Donnerstag im LCB (23.8., 20 Uhr,)

Bei gutem Wetter ist zudem das große LCB-Sommerfest (25.8., 15 Uhr) ein Pflichttermin. Im Mittelpunkt steht dieses Jahr der Carl Hanser Verlag, für den die Namen einiger Nobelpreisträger sprechen: Orhan Pamuk, Elias Canetti, Joseph Brodsky. Zum Sommerfest kommt geballte Hanser-Kompetenz, u. a. Herta Müller, Reinhard Jirgl, Per Olov Enquist, Wolf Lepenies und Thomas Glavinic. Gegen die Dichter-Dichte in Lentz’ literarischer Exilhistorie kommt das Fest zwar nicht an – eine hochkarätige Versammlung ist es aber trotzdem. Und die gibt es live.

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