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Verlage: Sterntaler spielen

"Kunst braucht Mäzene": Der Berliner Indie-Verlag Kookbooks sammelt Geld für Literatur.

Ein Mädchen steht vor einem großen roten Kreuz, hält seine Schürze auf, und vom Himmel regnen Taler. Das auf Postkarten und Programmhefte gedruckte Logo bringt es auf den Punkt: "Kunst braucht Mäzene". So heißt die Aktion des kleinen Berliner Indie-Verlags Kookbooks. "Notoperation" nennen Lektorin Daniela Seel und Grafiker Andreas Töpfer ihren Versuch, durch das Versteigern von Kunst ihrem Unternehmen finanziellen Spielraum zu verschaffen.

Über eine eigens eingerichtete Internetseite können handschriftliche Texte, Zeichnungen oder Fotos von Kookbooks-Autoren und befreundeten Künstlern bestellt werden. Die Kunstwerke werden von Töpfers Wohnküche aus verschickt - oder die Künstler gehen selbst zur Post. Darunter sind Jan Böttcher und Ann Cotten, Jim Avignon und Uljana Wolf. Die Kunstwerke kosten zwischen 75 und 500 Euro, die Erlöse gehen an den Verlag. Mindestens 10 000 Euro sollen zusammenkommen, wünscht sich Seel. Das Geld sei hauptsächlich für die Druckerei bestimmt, bei der man noch offene Rechnungen habe. Was übrig bleibt, soll die laufenden Kosten decken.

"2008 war ein schwieriges Jahr", sagt die 34-jährige Verlegerin, die Kookbooks im Frühjahr 2003 zusammen mit dem drei Jahre älteren Andreas Töpfer gegründet hat - als Ableger des Berliner Kunst- und Kulturlabels KOOK. Schnell erwarb man sich die Anerkennung der Szene, für sein Gesamtprogramm gewann der Verlag 2006 den Förderpreis zum Kurt-Wolff-Preis. Trotzdem: Im vergangenen Jahr haben die Zwischenhändler zahlreiche Bücher zurückgeschickt. Manche Auflagen waren zu hoch, andere Bücher dagegen mussten nachgedruckt werden. Derlei schlägt aufs Budget. "Wir mussten uns einfach auf die Suche nach neuen Geldquellen machen."

Eine dieser Quellen ist die Kunstaktion, die mehr sein will als nur eine schnöde Bettelkampagne. Es gibt eine Botschaft: "Weil Kunst nicht in der Ordnung des Marktes aufgeht", schreibt Seel in ihrem Ankündigungstext, "braucht Kunst Mäzene, nicht Investoren!" Mäzene gäben nicht Geld, um am Ende mehr Geld herauszubekommen. Sondern sie "geben etwas dafür, dass etwas entstehen kann, auch wenn sie noch nicht genau wissen, was es wird, außer dass es Kunst wird".

Die Aktion soll auch auf ein grundsätzliches Problem aufmerksam machen: Die Schwierigkeit der Kunst, gegen den Kommerz zu bestehen. "Es gibt Subventionen für Film, Tanz und Theater, aber keine öffentliche Förderung für Verlage", kritisiert Seel. Die würden schlicht als Wirtschaftsunternehmen gesehen. "Dabei braucht ein Werk doch einen Körper."

Gute Literatur in eine schöne Form zu bringen - das ist Seels und Töpfers Mission. Nur muss die auch finanziert werden. Existenziell bedroht sei der Verlag zwar nicht, sagt Seel. Aber: "Die strukturellen Probleme bestehen weiter, nicht nur für uns." Darauf müsse man sich einstellen. In Zukunft soll das Kookbooks-Programm darum nicht mehr so "in die Breite gehen". Der Schwerpunkt werde aber weiterhin bei Lyrik liegen, die "wichtige, viel zu wenig betriebene Form" des Essays soll weiter erforscht werden. Und auch Kinderbücher bleiben im Programm. Dafür soll weniger erzählende Prosa verlegt werden.

Es gibt noch mehr Neuerungen. Denn: "So eine Kunstaktion kann man ja nicht jedes Jahr machen", lacht Seel. Und so tingelt die Verlegerin zur Adventszeit mit ihren Büchern über die Weihnachtsmärkte. Es gibt Vorzugsausgaben von neuen Büchern. Und ab sofort hat der Verlag eine jährliche "Mäzenatengabe" im Programm, die zum Solidaritätspreis an Förderer verkauft wird - aktuell ein Motiv des "Strizz"-Zeichners Volker Reiche, in einer limitierten Auflage von 100 signierten Exemplaren.

Aber zunächst wird mal die Kunstaktion beendet. Am Sonntag, den 1. März, gibt es auf einer Gala in den Sophiensälen eine große Schlussauktion, bei der die noch nicht über das Internet verkauften Kunstwerke versteigert werden - und nebenbei zahlreiche Lesungen und Konzerte. Auch Autoren anderer Verlage haben sich angekündigt, darunter Jörg Albrecht, Jan Peter Bremer, Thomas Hettche, Katja Lange-Müller, Ulrich Peltzer und Tilman Rammstedt. Musik machen unter anderem Kat Frankie und Britta-Sängerin Christiane Rösinger.

Es hilft offenbar, dass Kookbooks Teil eines weitverzweigten Netzwerks ist. "Alle, die an der Aktion beteiligt sind, sind Freunde - oder Freunde von Freunden", sagt Seel. Der gemeinsame Einsatz von Literaten, Künstlern und Musikern, hofft sie, könnte zudem noch andere als nur finanzielle Vorteile haben. Vielleicht sei die Aktion ja "Chance und Startschuss" für ganz neue künstlerische Kooperationen.

Die Kunstwerke können bis Ende Februar unter
www.kunstbrauchtmaezene.blogspot.com erworben werden. Galaabend am 1. März ab 18.30 Uhr, ab 20 Uhr Auktion, Lesungen und Konzerte. Sophiensäle, Sophienstraße 18. Eintritt: 25/20 Euro, "Mäzenatenkarten" 50 Euro.

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