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EU-Gipfel am 19. Februar 2016.

© Reuters

Zukunft Europas: Entwicklungsschritt 5.0.

Luc Frieden, Nicolaus Heinen und Stephan Leithner bieten in ihrem Buch ein Geschäftsmodell für unseren Kontinent. Eine Rezension.

Momentan gibt Europa eher Anlass zur Skepsis als zu freudigen Erwartungen. Die unterschiedlich beantwortete Frage, wie mit der Flüchtlingssituation umzugehen ist, führt – mehr noch als in der Euro-Krise – zu politischen Konflikten in Europa. Dabei sind die Aussichten so schlecht aber keineswegs: Immerhin wächst die europäische Wirtschaft in fast allen Euro-Ländern, wenn auch verhalten. Der niedrige Erdölpreis, das tiefe Zinsniveau sowie der günstige Euro-Wechselkurs wirken sich positiv aus. Es geht nun darum, im globalen Wettbewerb nicht den Anschluss zu verlieren – gerade im Zuge der Digitalisierung.

Europa 5.0. setzt auch auf eine stärkere Vernetzung europäischer Unternehmen

In dieser Sprache, in der Software- Aktualisierungen fortlaufend nummeriert werden, fordern die drei Autoren dieses Bandes, allesamt ausgewiesene Ökonomen, den nächsten Entwicklungsschritt: „Europa 5.0.“ müsse in Form eines tragfähigen Geschäftsmodells her, als einer neuen Stufe der Integration. Für die Autoren war „Europa 1.0.“ das Friedensprojekt, „Europa 2.0.“ die wirtschaftliche und politische Integration, „Europa 3.0.“ die Attraktivität für Erweiterungen und „Europa 4.0“ die gemeinsame Währung. Deutschland gilt hier als Vorbild, die Volkswirtschaften stärker auf Export hin auszurichten.

Ein solches Europa 5.0. setzt auch auf eine stärkere Vernetzung europäischer Unternehmen. Die Grundlage dafür ist ein ausreichender Wohlstand der Bevölkerung – eine Herausforderung angesichts wachsender sozialer Ungleichheiten, die auch die Mittelschicht bedroht. Selbst in Deutschland können breite Teile der Bevölkerung vor allem wegen ungleicher Teilhabe an Wertsteigerungen kaum mehr privates Vermögen bilden. Private Vorsorge ist aber nahezu unerlässlich.

Luc Frieden, Nicolaus Heinen, Stephan Leithner: Europa 5.0. Ein Geschäftsmodell für unseren Kontinent. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2016. 264 Seiten, 29,95 Euro.
Luc Frieden, Nicolaus Heinen, Stephan Leithner: Europa 5.0. Ein Geschäftsmodell für unseren Kontinent. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2016. 264 Seiten, 29,95 Euro.

© Campus Verlag

Das Buch, gut leserlich und ohne einen Wust an Daten und Statistiken, spricht ein breites Publikum an. Es macht deutlich, dass die EU eine wirtschaftspolitische Vertiefung braucht. Dazu sei auch kein neues Vertragswerk notwendig, sondern allein das Umsetzen der bestehenden institutionellen Regeln. Der Schlüssel liege bei den Mitgliedsstaaten selbst. Wer auf den Anfang des Einigungsprozesses zurückblicke, erkenne: Eine Wertegemeinschaft kann nur durch eine Wirtschaftsgemeinschaft entstehen. In der momentanen, von der Flüchtlingskrise geprägten Stimmungslage könnte sich das aber als entscheidendes Hindernis erweisen. Die politisch radikaleren Kräfte streben statt einer weiteren Öffnung gerade das Gegenteil, eine Renationalisierung, an.

Luc Frieden, Nicolaus Heinen, Stephan Leithner: Europa 5.0. Ein Geschäftsmodell für unseren Kontinent. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2016. 264 Seiten, 29,95 Euro.

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