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zum 80. Geburtstag: Stimmen

Spitzenpolitiker haben aus Anlass des 80. Geburtstags von Literaturnobelpreisträger Günter Grass dessen künstlerisches Werk und Engagement gewürdigt.

Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass ist nach den Worten von Bundespräsident Horst Köhler "als Deutschlands bekanntester Schriftsteller" in der ganzen Welt "zum Gesicht der deutschen Literatur geworden". Seine Romane und Erzählungen würden überall gelesen. "Mit Ihren bedeutenden Werken haben Sie mit dazu beigetragen, dass unsere Kultur nach dem Dritten Reich und dem Krieg zu neuem Ansehen kam. Dafür danke ich Ihnen an diesem Tag", betonte Köhler in seinem Glückwunschschreiben an Grass zu dessen 80. Geburtstag an diesem Dienstag.

Grass habe sich immer auch für die Belange anderer eingesetzt, vor allen Dingen für verbotene, verfolgte und gefangene Schriftstellerkollegen. Er habe sich zudem in vielen politischen Auseinandersetzungen entschieden zu Wort gemeldet und so mitgeholfen, dass in der Bundesrepublik eine kritische Öffentlichkeit entstand, betonte das Staatsoberhaupt. "Das hat unsere Demokratie mitgeformt und gestützt. Am 27. Oktober werde ich in Lübeck Ihr Lob ausführlicher anstimmen. Ich freue mich sehr darauf!" Köhler spricht in Lübeck auf einem Festakt aus Anlass des 80. Geburtstages des Literaturnobelpreisträgers.

Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat Literaturnobelpreisträger Günter Grass als einen "der größten Schriftsteller unserer Zeit" gewürdigt. "Kein anderes Lebenswerk der deutschen Nachkriegsliteratur hat in gleichem Maße weltweite Anerkennung gefunden" heißt es in einem in den "Lübecker Nachrichten" veröffentlichten Glückwunschschreiben Schröders.

Den Literaturnobelpreis bezeichnete der Altkanzler als Auszeichnung, "die auch Genugtuung gewesen ist für manche Schmähung, die der Schriftsteller und Intellektuelle gerade auf dem "weiten Feld" des Politischen in Deutschland hat erfahren müssen". Grass sei weiterhin ein eminent politischer Kopf. "Sein ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit und sein unermüdlicher Einsatz für Bürgerrechte waren Grund dafür, dass sich auch unsere Wege kreuzten. Denn dieser kritische Geist mischt sich ein ins Politische und scheut sich nicht, öffentlich Stellung zu beziehen." Die Auseinandersetzung mit Grass sei ein intellektuelles Vergnügen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte den Einsatz des Schriftstellers für die Bürgerrechte. "Als politisch engagierter Streiter und Mahner hat sich Günter Grass stets sehr vernehmbar auch auf dem Feld der Politik eingebracht." Grass habe ein "eindrucksvolles Lebenswerk geschaffen - ein bleibendes Oeuvre auf ganz unterschiedlichen künstlerischen Gebieten".

SPD-Chef Kurt Beck würdigte Grass als wichtigsten kritischen Begleiter seiner Partei. Er sei ihm dankbar, "dass er uns immer wieder rät und mahnt". Beck zeigte sich froh darüber, dass Grass die politische Arena auch mit achtzig Jahren nicht scheu.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bezeichnete das Werk des Schriftstellers als eine der "großen und bleibenden Kulturleistungen des 20. Jahrhunderts". Seine Bücher würden weltweit gelesen, als bildender Künstler genieße Grass große Anerkennung. Der Schriftsteller werde darüber hinaus als politisch engagierter Bürger geachtet und geschätzt.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) betonte, das Werk des Schriftstellers habe zur "demokratischen Erinnerungskultur" maßgeblich beigetragen. "Die Helden Ihrer Romane sind Teil unserer Identität: In ihnen leben die Erfahrungen der Kriegs- und Nachkriegsgeneration." Er wünsche dem Literaturnobelpreisträger vor allem Glück und Gesundheit, "aber auch Kraft und das notwendige Quäntchen Verwegenheit, das immer wieder Anlass zum Streit bietet, den eine lebendige Demokratie nicht nur erträgt, sondern braucht", sagte Lammert.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) schrieb, "Günter Grass ist ein Autor von Weltrang, ein vielseitig bildender Künstler und ein streitbarer Demokrat". Der seit mehr als 25 Jahren in der Nähe von Lübeck lebende Schriftsteller sei engagierter Förderer und Stifter im kulturell-künstlerischen Bereich. Ihm sei großer Dank zu sagen "für das vielfältige, mit schriftstellerischer Fantasie und erzählerischer Urkraft ausgezeichnete Werk, das zugleich immer Fragen an die Geschichte seiner Zeit stellte".

Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki sagte, "die ganze Welt bewundert den Prosa-Schriftsteller Günter Grass, ich gehöre zu den wenigen, die auch und ganz besonders die Lyrik von Grass schätzen und bewundern". Er fügte hinzu: "Ich wünsche Grass ruhige Wochen, Monate und Jahre vor allem."

Die "einzigartige Wachheit" des Schriftstellers würdigte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber. Durch seine Werke, in denen Grass klare Position beziehe, entstehe in der Öffentlichkeit immer wieder Streit. Das sei aber ein gutes Zeichen, weil dabei um das "Selbstverständnis des deutschen Volkes, um Schuld und Verantwortung, um Freiheit und Verstrickung" gestritten werde. Er wünsche Grass auch für die Zukunft eine "gehörige Portion Unverzagtheit".

Der Regisseur der oscarprämierten "Blechtrommel"-Verfilmung, Volker Schlöndorff, würdigte Grass als einen "sehr sensiblen und sehr treuen Freund über 30 Jahre". Im "Morgenmagazin" des ZDF äußerte sich der 68-jährige Schlöndorff über seine Zusammenarbeit und Freundschaft mit dem Literaturnobelpreisträger. Grass habe auf der ganzen Welt viele Freunde und sei auch "eine ganz andere Person, als die, die er so polternd in der Öffentlichkeit gibt".

Der US-Schriftsteller John Irving, mit dem Grass seit Jahren befreundet ist, würdigte den deutschen Literaturnobelpreisträger als "Held" und "Vorbild". In der Frankfurter Rundschau meinte der 65-jährige Irving, der die Geburtstagsfeiern in Lübeck und Göttingen besuchen will, die Lektüre der "Blechtrommel" im Alter von 19 oder 20 Jahren habe ihm gezeigt, wie er Schriftsteller werden könne. Die Autobiografie "Beim Häuten der Zwiebel" mit dem überraschenden Bekenntnis von Grass, am Ende des Krieges als 17- Jähriger noch bei der Waffen-SS gewesen zu sein, bezeichnete Irving als "ein schmerzliches Bekenntnis".

Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner, mit dem Grass 2006 ein Streitgespräch geführt hatte, schrieb im Hamburger Abendblatt: "Gerade das Ambivalente macht diesen Künstler aus, der, wie kein anderer zum Sinnbild nachkriegsdeutscher Widersprüche geworden ist." Seine Gedichte werden nach Ansicht Döpfners "erst erkannt werden, wenn der Schlagschatten der Tagesrhetorik sie nicht mehr verdeckt". (mit ddp/dpa)

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