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Lou Doillon.

© Kate Barry

Lou Doillon in Berlin: Und das Herz schwitzt einen Tropfen Blut

Neues Selbstbewustssein: Die Sängerin Lou Doillon im Berliner Postbahnhof.

Irgendwann trifft es jeden. Man hört ein Lied, eine Melodie, eine Stimme, und sofort löst die Begeisterung für ein paar Töne das gleiche magische Gefühl aus, das einen überkommt, wenn man sich gerade verliebt hat. Und muss man sich nicht in die Stimme von Lou Doillon verlieben, jüngste Tochter von Jane Birkin und Halbschwester von Charlotte Gainsbourg, die sich bereits 2012 mit ihrer ersten Single „I.C.U.“ in die Herzen unzähliger Fans geschmachtet hat? „And I see you, in every cab that goes by, in the strangers at every crossroad, in every bar“, singt sie mit eindringlicher Flüsterstimme. Nachdem ihr Debütalbum „Places“ in Frankreich mit Doppelplatin belohnt wurde, hat sie im Oktober „Lay Low“ nachgelegt. Und damit endgültig klargestellt, dass sie kein gelangweiltes It- oder VIP-Girl ist, das jetzt auch Musik macht. Sondern eine Sängerin und Songwriterin, die es ernst meint und sich zum ersten Mal wirklich frei fühlt, nachdem ihr die berühmte Familie im vorherigen Leben als Model und Schauspielerin kein Glück gebracht hat.

Das neue Selbstbewusstsein spürt man auch beim Konzert im ausverkauften Postbahnhof. Die 33-Jährige präsentiert sich als aufgeräumte Entertainerin, die Schwermut und Kummer mit der Lust am lockeren Leben verbindet, wenn sie in ihren bittersüßen Schunkelsongs mit süffiger Melancholie von Verrat, Einsamkeit und Eifersucht erzählt. Während des Singens schwimmen die Lieder schimmernd davon, getragen von ihrer Gitarre und einer vierköpfigen Band, die mit Keyboards, Gitarre, Bass und Schlagzeug Dramatisches zerstreut und fachmännisch zerlegt. Abgesehen von ein paar lodernden Ausbrüchen des Gitarristen wird der Sound ohne großspurige Einzelleistungen um die verrauchte Knarzstimme der widerspenstigen Schönen gerankt. Die bedient sich nicht die Spur beim Klischee des französischen Frauen-Pop-Gestöhnes, das ihre Mutter an der Seite von Serge Gainsbourg geschaffen hat. Vielmehr erinnert ihr dunkles Timbre an die großartige Folksängerin Karen Dalton und manchmal auch an ihr erklärtes Vorbild Patti Smith.

Nach 70 entzückenden Minuten beendet Lou Doillon das Konzert ganz allein mit „Weekender Baby“, einer folkigen Nummer zum Mitsummen, die den Saal komplett zum Schwingen bringt. Da steht sie mit einem breiten Lächeln, schüttelt eigenwillig ihre langen, braunen Haare und lässt unser Herz den Tropfen Blut schwitzen, der das Leben so süß macht. Ist sie nicht superwunderbar? Na klar. Am liebsten würde man sie mit nach Hause nehmen, damit sie dort weiterspielt, bis der Frühling kommt.

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