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Kultur: Maria Böhmer – folgt sie Weiss im Amt? Union und SPD sind

über Kultur einig

Neue Staatsministerien für Kultur könnte Maria Böhmer werden. Dies war gestern aus dem Bundeskanzleramt in Berlin zu hören. Die CDUPolitikerin stammt aus Rheinland-Pfalz, ist 55 Jahre alt und seit 1990 Mitglied des Bundestags. Seit 2001 ist Maria Böhmer, die Mathematik und Physik studiert hat, auch Bundesvorsitzende der Frauen-Union. Kandidaten aus Berlin wurden für die Nachfolge von Christina Weiss nur geringe Chancen eingeräumt. Insbesondere die CDU will das föderale Prinzip in der Kulturpolitik nicht antasten. Außerdem wurde mit einer Überraschung bei der Benennung der Weiss-Nachfolgerin gerechnet. Beides trifft auf Maria Böhmer zu.

Die Arbeitsgruppe „Kultur und Medien“ hat gestern ihren Text zum Koalitionsvertrag verabschiedet. Das Gremium mit je sechs Vertretern von CSU und SPD, darunter Norbert Lammert und Wolfgang Thierse, empfiehlt, Kultur als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen. Die Koalitionspartner wollen außerdem die Bundeskulturstiftung und die Kulturstiftung der Länder fusionieren, um die „Kulturförderung von nationaler Bedeutung“ sowie die „Bewahrung von kulturellem Erbe durch Bund und Länder“ zu ermöglichen. Die Fusion der beiden Stiftungen war bislang am Widerstand der CDU-regierten Bundesländer gescheitert. Auch ein deutliches Bekenntnis zu Berlin ist in dem Koalitionspapier enthalten: „Der Kulturstaat Deutschland“, heißt es weiter, „muss in der Hauptstadt erkennbar sein“. Daher stehen die Koalitionspartner zum Hauptstadtkulturvertrag – der für Berlin so wichtige Hauptstadtkulturfonds soll erhalten bleiben. Auch die hundertprozentige Finanzierung des Ausbaus der Berliner Museumsinsel durch den Bund soll erhalten bleiben. Im Streit um den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses plädieren die Koalitionspartner dafür, „auf der Grundlage der Machbarkeitsstudie zügig die weiteren Entscheidungen zum Wiederaufbau“ zu treffen. Der Bundestag hatte 2001 mit überparteilicher Mehrheit für den Wiederaufbau gestimmt.

Ein entscheidender Punkt des Koalitionspapiers ist die Aufarbeitung von Zwangsmigration, Flucht und Vertreibung (siehe S. 4). Von einem vom „Bund der Vertriebenen“ und deren Vorsitzender Erika Steinbach geforderten „Zentrum gegen Vertreibung“, das im Ausland zu Irritationen führte, ist in dem Papier nicht die Rede. Dafür soll die Gedenkstättenförderung des Bundes von 1999 fortgeschrieben werden „mit dem Ziel der angemessenen Berücksichtigung der beiden Diktaturen in Deutschland“. Kulturstaatsministerin Christina Weiss hatte Stiftungen zur Zusammenfassung der Gedenkstätten beider Diktaturen geplant.

Mit dem Hinweis, dass Kultur „keine Subvention, sondern Investition in die Zukunft“ sei, will man sich gegen Vereinheitlichungsversuche seitens der EU wehren. Die „Unesco-Konvention zur kulturellen Vielfalt“ dient eben dieser Sicherung der so genannten „exception culturelle“. Auch das „Unesco-Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgütern“, das Deutschland immer noch nicht ratifiziert hat, soll endlich umgesetzt werden. Die Verhandlungen mit Russland über die Rückgabe von deutschem Kulturgut, das kriegsbedingt nach dem zweiten Weltkrieg verbracht worden ist („Beutekunst“), sollen intensiv weitergeführt werden – sie waren zuletzt ins Stocken gekommen. Es gehe darum, „gemeinsam mit den betroffenen Einrichtungen neue Möglichkeiten“ zu erörtern, „Fortschritte in der Frage der Rückführung dieser Kulturgüter zu erreichen.“

Die übrigen Punkte sind eher ordnungspolitischer Natur: Es geht um die Förderung bürgerschaftlichen Engagements durch Weiterentwicklung des Stiftungsrechts, die Stärkung des Urheberrechts und die Beibehaltung der Künstlersozialkasse. Die Enquete-Kommission Kultur wird wieder eingesetzt, der Kulturausschuss beibehalten. Pressevielfalt, Bürgerrechte und besonderer Schutz von Journalisten sollen gesichert werden – zuletzt hatte sich Innenminister Schily durch eine Durchsuchungsaktion beim Magazin „Cicero“ der Kritik ausgesetzt.

Die einzige schlechte Nachricht: „Signifikante Zuwächse in den Haushalten“, also mehr Geld, können nicht in Aussicht gestellt werden. Tsp

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