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Maßarbeit: Berliner Liederabend mit Christine Schäfer

Anfang März, und das jährliche Soll an Konzertwundern ist bereits übererfüllt. Denn ein Wunder war der Liederabend mit Christine Schäfer und Eric Schneider tatsächlich.

Zweihundert Jahre Liedgeschichte, Bach, Wolf, Mahler, Webern, die Nummern eng zusammengefügt, sogar mit Einzeltönen aneinander festgenäht, höchste Kunst des Programmierens und Interpretierens, und im philharmonischen Kammermusiksaal wird gebannt gelauscht: Wie Schneider auf eine fast nerdhafte Weise bei sich bleibt und zugleich vollkommen auf Schäfer bezogen ist, in Mahlers Wunderhorn-Liedern ein glitzerfeines Leggiero hören lässt und bei Wolfs „Zitronenfalter“ ein leises Klirren, wie unwirsch er die Trommelwirbel in Mahlers „Revelge“ schlägt. Wie sehr er sich zurücknimmt in der Liebesminiatur von Wolfs „Begegnung“. Ohne jedes Augenaufreißen berichten Schneider und Schäfer vom Knaben und dem Mädchen, die sich bei Tage wiederbegegnen, wie von einer Guckkästchenszenerie. Wunderlich, wunderbar auch Schäfers Entscheidung, Mahlers „Irdisches Leben“ so rätselhaft zu lassen, wie es von Anfang ist. Warum gibt die Mutter dem hungernden Kind kein Brot? Wer weiß es schon. Schäfers Sopran, rau grundiert in den unteren Lagen, in den hohen Registern silbern schwebend, deckt die Worte nicht mit Schönheit zu; die leisen Fehlfarben sind ein ebenso großes Gut für dieses Repertoire wie die Weisheit der Textausdeutung. Als Zugabe Mahlers „Wer hat dies Liedlein erdacht?“: ein Lied wie maßgefertigt für die beiden, herzlicher Ton und leises Lachen, perfekt akzelerierende Melodiebänder.

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