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Kultur: Mehr als eine eine szenische Lesung - das Bonhoeffer-Projekt im Literaturhaus Fasanenstraße

"Mein geliebtes Du" ist die zärtliche Anrede in den Briefen, die der Theologe Dietrich Bonhoeffer aus der Haft an seine Verlobte Maria von Wedemeyer schrieb: Briefe einer Liebe, der die Möglichkeit zur Verwirklichung nicht zuteil werden sollte. 1942 hatte Dietrich von Bonhoeffer die damals 18-jährige Maria kennengelernt, am 13.

"Mein geliebtes Du" ist die zärtliche Anrede in den Briefen, die der Theologe Dietrich Bonhoeffer aus der Haft an seine Verlobte Maria von Wedemeyer schrieb: Briefe einer Liebe, der die Möglichkeit zur Verwirklichung nicht zuteil werden sollte. 1942 hatte Dietrich von Bonhoeffer die damals 18-jährige Maria kennengelernt, am 13. Januar 1943 hatten sie sich verlobt, kurze Zeit später wird er von den Nationalsozialisten verhaftet und in die Justizvollzugsansalt Tegel verbracht. In ihrem Bonhoeffer Projekt "Mein geliebtes Du" (wieder 11. / 12. 11. Literaturhaus Fasanenstraße, 13. / 14.11. Kulturhaus Mitte) haben die Schauspieler Julie Brodeur und Ragnar Freidank sich ganz auf die Kraft dieser Briefe verlassen. Kein Bühnenbild, kaum Requisiten und Aktion lenken ab vom Kern des konzentrierten Dialogs. Was zunächst aussieht wie eine szenische Lesung, ist in Wahrheit viel mehr: Es ist gelebte, nachgelebte Liebe. Da wird die Beschränkung Dietrichs durch die Haft, seine Beschämung durch die Situation, seine innere Kraft und sein unbeugsamer Stolz allein dadurch deutlich, wie Ragnar Freidank auf dem Stuhl sitzt, den er den ganzen Abend nicht verlassen darf. Julie Brodeur genügt es, sich locker an einen Koffer zu lehnen, um Marias Unabhängigkeit, ihre Reise- und Lebenslust zu zeigen. Denn keineswegs ist, wie zunächst zu vermuten, Maria das Dummchen, das dem älteren, intellektuellen Dietrich weit unterlegen ist. In Julie Brodeurs Darstellung ist sie die Stärkere: Ein Landkind voller Lebenslust, unbändig und unbindbar, die nachts durch die Wälder reitet und ausgelassen durch die Zimmer tollt, und die ihrem Geliebten in jedem Brief eine solch reiche Dosis unverstellter Fröhlichkeit in die Zelle bringt, dass gut verständlich ist, wie er durch sie nur leben konnte. Eine hinreißende Liebesgeschichte, bewegend gespielt.

Christina Tilmann

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