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Kultur: Mein Cabrio ist ein Kinderwagen

Lösungen für Turnschuheltern: Der Designmai entdeckt die Kinder des Nachtlebens. Wie junge Gestalter auf die kleinen Probleme reagieren

„Wir wollen nicht, dass unsere Tochter nur niedlich wirkt“, sagt Stefan Wecker. Rosafarbene Kleidchen für Töchterchen Lia sind für ihn und seine Frau Vaike Fuchs ein Albtraum, genauso wie schrille Trickfilm-Motive auf allen Kleidungsstücken. Vor einem halben Jahr sind die beiden Berliner Designer Eltern geworden und standen plötzlich vor der Frage: Was ziehen wir unserem Kind an?

„Fest stand nur, dass nicht überall noch ein Bärchen, eine Mickey Maus oder Janosch drauf sein muss, wie es uns die althergebrachten Babyausrüster vermitteln wollen“, sagt Wecker. Ähnlich geht es offensichtlich vielen Leuten in Mitte und in Prenzlauer Berg. Nirgendwo ist die Kinderwagendichte so hoch in Europa wie hier.

Bei ihrer Suche bemerkten Fuchs und Wecker, dass andere kreative Köpfe bereits über denselben Problemen gebrütet hatten und entdeckten ein ganzes Arsenal alternativer Ausrüstungen für das disneyfreie Großstadtbaby. Wenn die meisten Hersteller es auch mit den Branchenriesen nicht aufnehmen können, zeigt sich jedoch allerlei Entdeckenswertes. Anlässlich des Designmais präsentieren sie deshalb die Produkte von 23 Ausstellern in ihrer Mitte-Galerie re-store in der Auguststraße.

Es sind Möbel, Schaukeln und Laufräder dabei, ebenso Kleidung. Handgearbeitete Puppen werden genauso gezeigt, wie industriell gefertigten bugaboo-Kinderwagen, mit denen auch Madonna und die Heldinnen aus „Sex in the City“ durch den Großstadtdschungel cruisen. Fuchs und Wecker, die vor allem mit streng linienförmigem Innendesign bekannt wurden, haben für Kinder eine sportliche Jeans-Kollektion entworfen. Auch wenn das Ganze wie eine Winzlingsausgabe von Adidas aussieht, bildet es doch einen Kontrast zum herkömmlichen Einerlei der Kindermodebranche. „Wichtig ist, sich dem Thema Kind und dessen Bedürfnissen wirklich anzunehmen“, sagt Wecker. Dazu brauche es keine Bärchen-Motive auf allen freien Flächen. Wenn auch Kinder sowas lieben, sollte der Geschmack der Eltern nicht ganz vernachlässigt werden.

Selbst aktiv werden konnten die Kids übrigens auch, bei ION Design. Wie es euch gefällt, hieß das Motto, nach dem die Kinder ihre eigenen Schulranzen kreieren konnten. Hier zeigt sich, dass die Experten mit ihren Entwürfen weit von dem entfernt liegen, was die Kinder wünschen. Eindeutiger Trend: Schwere Hefte und Bücher wollen sie nicht mehr auf dem Rücken tragen. Deshalb entwarfen die Kinder zum Beispiel Schlitten- und Pferde-Taschen, die auf dem Boden hinterhergeschleift werden können und eine Ball-Tasche, die einfach vor sich her gekickt werden kann. Ein Junge entwarf sogar eine Schultasche mit Propeller, die ferngesteuert über der Schule kreist. Andere erdachten verschließbare Mappen, die das Pausenbrot vor den Klassenkameraden schützen sollen.

„Wir haben viele Anregungen bekommen“, freuten sich ION-Marketing-Managerin Mara Kurotschka und auch zwei Produkt-Managerinnen der Firma Herlitz. Vielleicht kann die nächste Schulkinder- Generation bald die ein oder andere Designidee vor sich her kicken.

Designmai: noch bis 16.5. im Pfefferberg und an mehr als 130 weiteren Veranstaltungsorten. Programm: www.designmai.de

Christian Suhrbier

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