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Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, warnt vor der unkommentierten Verbreitung von Hitlers «Mein Kampf».

© dpa

"Mein Kampf": Hitlers Hetzschrift darf nur kommentiert erscheinen

Bald enden die Urheberrechte an Hitlers „Mein Kampf“. Im Januar soll eine kommentierte Ausgabe erscheinen. Vor unkommentierten Ausgaben warnt jetzt der Zentralrat der Juden.

Wenige Wochen vor dem Auslaufen der Urheberrechte an Adolf Hitlers „Mein Kampf“ hat der Zentralrat der Juden in Deutschland vor einer unkommentierten Verbreitung der Hetzschrift gewarnt. „Die Strafverfolgungsbehörden sollten mit aller Konsequenz gegen die Verbreitung und den Verkauf des Buches vorgehen“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster dem „Handelsblatt“ vom Donnerstag.

Hitler schrieb die Hetzschrift 1924 als Häftling in der Festung Landsberg. Er entwickelte darin unter anderem seine menschenverachtende „Rassentheorie“. Der erste Band erschien im Juli 1925, der zweite folgte im Dezember 1926. Der Absatz des Buches war gesichert - auch, weil nach 1933 jedes Paar bei der Eheschließung ein Buch im Standesamt bekam. Bis 1945 erreichte „Mein Kampf“ in Deutschland eine Auflage von 9,8 Millionen Exemplaren. Seit 1945 ist das Buch in Deutschland nicht mehr veröffentlicht worden. Der Freistaat Bayern war als Rechtsnachfolger des nationalsozialistischen Franz-Eher-Verlages Inhaber der Urheberrechte und verhinderte deutschsprachige Neuausgaben. Die Urheberrechte laufen aber nun Ende 2015, 70 Jahre nach dem Tod des Diktators, aus.

Die kommentierte Ausgabe soll die Hetzschrift entmystifizieren

Die Justizminister der Bundesländer haben inzwischen entschieden, dass die unkommentierte Verbreitung von „Mein Kampf“ auch nach dem Auslaufen der Urheberschutzfrist in Deutschland verboten bleiben soll. Ein Sondergesetz soll es zwar nicht geben, die geltende Rechtslage aber, etwa der Straftatbestand der Volksverhetzung, reiche aus, um den Nachdruck zu verhindern. Bei kommentierten Ausgaben müsse man sich das im Einzelfall anschauen, hieß es aus dem bayerischen Justizministerium. Im Zweifel müssten dann Gerichte entscheiden.
Eine solche kommentierte Ausgabe plant das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München seit Jahren. Im Januar 2016 soll sie erscheinen. Das Ziel: die Entmystifizierung der Hetzschrift. Die Originaltexte (Beispiel: „Es liegen die Eier des Kolumbus zu Hunderttausenden herum, nur die Kolumbusse sind eben seltener zu finden.“) sind darin mit Tausenden wissenschaftlichen Kommentaren sowie einer Einleitung und einem Register versehen. Sie sollen als zweibändige Ausgabe erscheinen.

Gegen eine solche Ausgabe für Forschung und Lehre, so Zentralratspräsident Schuster, sei nichts einzuwenden Kenntnisse von „Mein Kampf“ seien nach wie vor wichtig, um den Nationalsozialismus und die Shoah zu erklären. Die ehemalige Zentralrats-Chefin und heutige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, äußerte sich dagegen immer wieder sehr skeptisch zur geplanten kommentierten Ausgabe.
Der Freistaat Bayern zog sich zurück: Im Jahr 2012 hatte die Staatsregierung angekündigt, die kommentierte Ausgabe mit 500 000 Euro zu fördern - bis Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) es sich nach einem Besuch in Israel überraschend anders überlegte und im Anschluss erklärte, das Projekt nicht mehr finanziell zu unterstützen. Seehofers Begründung: „Ich kann nicht einen NPD-Verbotsantrag stellen in Karlsruhe und anschließend geben wir sogar noch unser Staatswappen her für die Verbreitung von „Mein Kampf“ - das geht schlecht.“ dpa

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