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Meine Frau, ihr GARTEN …: Nachruf auf Maxi

Eigentlich sollte diese Kolumne vom Aufbruch handeln, von Frühlingserwachen, sollte vom Eise befreit sein.

Von Andreas Austilat

Zeichen gibt es genug. Die Schneeglöckchen, sie sind schon da, die Krokusse auch. Und die Spitzen der Tulpen ragen eine Handbreit aus der frostharten Erde. Wie die das machen, ist mir ein Rätsel. Vielleicht schmelzen sie sich ja wie die Schneeglöckchen eine Lücke in den Boden. Ich habe jedenfalls größte Hochachtung vor den Tulpen. Jahr für Jahr ziehen sie sich in ihre Zwiebel zurück, man glaubt schon, sie nie wiederzusehen, bis sie dann im Frühjahr doch wieder da sind.

Aber jetzt ist mir kalt ums Herz, und dies ist eine Geschichte vom Abschied. Maxi ist tot, das Kaninchen unserer Tochter. Acht Jahre ist Maxi geworden, zum Schluss ging alles ganz schnell. Am Abend vorher fraß sie nicht mehr, am Morgen habe ich sie zum Tierarzt gebracht. „Der Magen“, hat die Ärztin gesagt, „lassen Sie sie hier.“ Zwei Stunden später kam der Anruf, Maxi sei gestorben. Vielleicht hätte ich sie gleich mitnehmen sollen, dann wäre sie wenigstens neben ihrem langjährigen Gefährten Muffel von uns gegangen, das ist der Hase von unserem Sohn.

„Wie wollen Sie es machen“, hat die Ärztin gefragt, „wollen Sie Ihr Kaninchen abholen oder sollen wir uns darum kümmern?“ Maxi, ein Fall für die Tierkörperbeseitigung? Niemals. „Darf man denn Tiere im eigenen Garten begraben?“, habe ich gefragt. „Kleintiere ja, wenn es sich nicht um ein Wasserschutzgebiet handelt und die Grube mindestens 50 Zentimeter tief ist.“ Wir wohnen nicht im Wasserschutzgebiet. Und ich möchte, dass Maxi in diesem Garten beerdigt wird, in dem sie im Sommer über den Rasen gehoppelt ist, in dem sie in den letzten acht Jahren vielleicht mehr Zeit verbracht hat als ich.

Es dürfte rund 40 Jahre her sein, dass ich das letzte Mal ein Tier beerdigt habe. Yogi, meinen Hamster. Ich habe Yogi damals im Garten meiner Eltern zu seiner letzten Ruhe gebettet, in einer Zigarrenkiste. Yogi war mein letztes Haustier, und wenn ich es recht bedenke, dann ging mit Yogis Tod meine Kindheit zu Ende. Nicht dass ich danach ausgezogen wäre, aber für Haustiere war irgendwie kein Platz mehr in meinem Leben. Den Garten, in dem Yogi beerdigt wurde, gibt es übrigens nicht mehr, heute steht ein Haus über seinem Grab.

Meine Tochter ist jetzt fast 14. Unwahrscheinlich, dass sie noch mal ein Kaninchen haben will. Wir werden Maxi unter der Buddelkiste begraben, die sollte sowieso weg.

Leider ist der Boden noch hart wie Beton. Aber ich werde einen Weg finden, und wenn ich mit dem Meißel arbeiten muss: Maxi wird ihr Grab bekommen, in unserer Nähe. Sie wird nicht in der Tierkörperbeseitigungsanlage enden. Was bin ich froh, dass wir diesen Garten haben.Andreas Austilat

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