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Kultur: Messdiener der Kunst

Harald Schmidt predigt im Kölner Museum Ludwig

Der Meister kam aus der Tiefe des Raumes, in einer Art Prozession, umgeben von Begleitern, während vorn im nüchternen Foyer des Museums Ludwig sich 800 Kunstenthusiasten erwartungsvoll drängten und an den Glasscheiben des Eingangsbereichs die Nasen plattdrückten. Eine Art Himmelfahrtsprozession schien das zu sein, vorbei an Nam June Paiks prächtiger Skulptur „Brandenburger Tor“, hinüber zu den Massen, die nach einer KunstKommunion gierten. Und man erinnerte sich unwillkürlich daran, dass Harald Schmidt im heimatlichen Nürtingen auch einmal Messdiener gewesen ist, nur dass jetzt kein Weihrauchfass geschwenkt wurde, was gut gepasst hätte zur Inszenierung dieses Auftritts hinter den Glasscheiben, während Alfred Biolek und Elke Heidenreich und 798 andere Kölner Kunstenthusiasmierte darauf warteten, dass kein Geringerer als Harald Schmidt ihnen erklärte, „wie Picasso eine glänzende Karriere hätte machen können, wenn er sich ein bisschen mehr angestrengt hätte“.

So brachte Schmidt selbst sein Vorhaben auf den Punkt, während Kaspar König, der Museumschef, von einer „Ein-Mann-Biennale“ sprach und davon, wie stolz er darauf sei, dass nun also der berühmte Entertainer sich der Sache der Kunst persönlich annähme, als ein (Kraft seines Charismas, möchte man ergänzen) Berufener, der sich übrigens auch schon intensiv für Kunst interessiert habe, „als er noch seine Show bei Sat1 hatte“. Er freue sich auf den Abend, und damit übergab Kaspar König das Mikrofon auf dem winzigen Podium an Schmidt, der sich zunächst – schwül sei es – seines Jacketts und seiner blau-weiß gepunkteten Krawatte entledigte und überhaupt sehr entspannt wirkte, so unverhofft aus der Weihnachtspause auftauchend am Tage Christi Himmelfahrt.

Nach diesen Präliminarien kam der Star auf den springenden Punkt zu sprechen: „Was ist der Sinn der heutigen Veranstaltung?“ Ja, das fragte man sich, dunkel ahnend, dass es darauf nie eine ultimativ befriedigende Antwort geben würde. Die Gesichter der Fotografen, die das Schmidt-Podium umzingelten, wirkten unergründlich-unbeteiligt. Blitzende Sphinxe. Schmidt erklärte nun, junge Menschen ins Museum zu locken, das sei doch eine schöne Sache. Andererseits: „Diese hormonell fehlgesteuerten, gelangweilten Schüler sollen uns den Blick auf unsere Klassiker verstellen? Wollen wir das? Ich nicht!“ Es klang wunderbar versnobt und wirklich überzeugend aus dem Mund des „Klappentextsurfers“ Schmidt. So souverän kann ja auch nur einer seinen eigenen Bildungsauftrag torpedieren, der sich seiner Wirkungsmacht bewusst ist: Binnen weniger Tage waren die 800 Karten für das Event ausverkauft. Letztlich gehe es den Leuten einzig und allein darum, „in der richtigen Schlange zu stehen“.

Harald Schmidt plauderte eine knappe Stunde lang über dieses und jenes – ein wenig auch über Kunst („Rauschenberg, Jasper Johns und wie sie alle heißen...“). Und über weiße Wände. Von der Absicht, vor einer weißen Wand ein imaginäres Bild zu interpretieren, hatte der Meister Abstand genommen, dieser Gag sei schon durch. Am Ende seiner Suada öffneten sich die Glastüren, und die Massen ergossen sich, vorbei am „Brandenburger Tor“, hinein in die Tiefen der Kunst. Eine halbe Stunde später, es fing an zu dämmern, hatten sich die Räume wieder geleert.

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