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Sonnyboy des Staatsballetts. Michael Banzhaf, 39, beendet seine Solistenkarriere.

© dpa

Michael Banzhaf verlässt das Staatsballett: Finale für den Kammertänzer

Michael Banzhaf ist einer der herausragenden Solisten des Berliner Staatsballetts. 19 Jahre hat er hier getanzt. Nun hört er auf. Eine Begegnung zum Abschied.

Von Sandra Luzina

Tänzer sind Nomaden. Anders Michael Banzhaf. Er hat seine gesamte Ballerino-Karriere in Berlin verbracht. Nach 19 Jahren hört der Solist des Staatsballett Berlin nun auf. An diesem Mittwochabend gibt Banzhaf seine Abschiedsvorstellung in Duatos „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“, anschließend wird er zum Berliner Kammertänzer ernannt. An die 150 Weggefährten und Kollegen werden sich seine letzte Vorstellung anschauen. Banzhaf ist nicht nur einer der bekanntesten Tänzer des Staatsballetts, sondern auch einer der beliebtesten. Es folgt ein Epilog: Am Ende der Spielzeit wird er noch drei Mal als böse Fee Carabosse in „Dornröschen“ auftreten. „Ich werde wohl erst danach realisieren, dass es vorbei ist“, sagt er beim Gespräch in einem Café in Mitte. Aber schon jetzt wird ihm das Herz schwer und zugleich brennt er darauf, Neues kennenzulernen.

Es ist seine eigene Entscheidung, mit 39 Jahren abzutreten. Dabei macht er immer noch einen fitten Eindruck. Schwere Krisen gab es nicht, auch keine gravierenden Verletzungen. Er möchte nur nicht feststellen müssen, dass sein Stern langsam verblasst. Scherzhaft nennt er sich die „alte Diva“ des Ensembles, dabei ist er immer noch der Sonnyboy. Er bereut nicht, dass er sich nie nach einem anderen Engagement umgeschaut hat. „In meiner Rückschau ist es mir das Schönste und Wichtigste, dass ich die ganze Zeit hier gewesen bin, dass ich mich so stark mit der Compagnie, mit der Stadt identifiziere.“

Schon früh wurden ihm große Aufgaben übertragen

Banzhaf ist einer der herausragenden Solisten des Staatsballetts, weil er tänzerische Eleganz mit darstellerischer Intelligenz verbindet. Ein Überflieger, ein entrückter Tanzgott war er nie, sondern immer ein Berührbarer, ein Geerdeter. Er ist ja ein Spätzünder. Seinen ersten Ballettunterricht hat er mit 15 erhalten. Als er mit 20 beim Ballett der Staatsoper Unter den Linden engagiert wurde, nahm ihn Oliver Matz, der Erste Solist, unter seine Fittiche und verordnete ihm hartes Männertraining, denn an seiner akademischen Technik musste er noch feilen. Schon früh wurden ihm große Aufgaben übertragen. In den ersten Jahren tanzte er oft am Limit. Seine Glanzzeit erlebte er dann in der Malakhov-Ära. „Ich habe unglaublich profitiert von Vladimirs Traum, der große Ballerino in der Mitte zu sein“, stellt er fest. Große Rollen wie Tschaikowsky und Caravaggio hat Malakhov an Banzhaf abgegeben, der dann bewusst einen anderen interpretatorischen Ansatz wählte. Denn Tschaikowsky wollte er nicht nur als Opfer zeigen: „Er ist ein Held: als großer Komponist für den Tanz und als schwuler Mann. Er ist mit seiner Homosexualität anders umgegangen als viele andere Künstler seiner Zeit.“

Besonders beglückend war für Banzhaf die Zusammenarbeit mit Maurice Béjart. Als der Choreograf ihn für die Rolle des Siegfried in der Wiederaufnahme von „Ring um den Ring“ auswählte, war das eine Riesenchance. Dem Auserkorenen aber schoss als Erstes durch den Kopf: „Oh nein, der Siegfried! Wie geh’ ich denn den an?“ Béjart hat ihm dann die Rolle aufgeschlüsselt. „Er meinte, die Kraft von Siegfried kommt nicht aus dem Bizeps, sondern aus dem kindlichen offenen Gemüt. Das hat er auf mich projiziert – und er fand es schön, dass ich so eine Weichheit hineingebracht habe.“ Das Helle, Jugendliche, Offene haben auch andere Choreografen in ihm gesehen.

Er widerspricht dem Perfektions-Klischee des Balletttänzers

Nicht nur seine solistischen Höhenflüge lässt Banzhaf Revue passieren. Er ist auch stolz darauf, dass er mit so tollen Ballerinen wie Nadia Saidakova, Polina Semionova und Shoko Nakamura getanzt hat. „Ich habe immer versucht, die Mädels glücklich zu machen“, sagt er lächelnd. Dafür lieben ihn die Ballerinen.

Dem Klischee, dass Balletttänzer einem unerreichbaren Ideal an Perfektion nachjagen und am Ende kaputt und frustriert sind, widerspricht er vehement. Rückblickend sagt er: „Tänzer ist der schönste und aufregendste Beruf, den ich mir vorstellen kann.“

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