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Kultur: Milchmädchen

Eine „Heidi“-Reanimation verhebt sich am Vorbild

Was passieren kann, wenn sich Marketingmanager bei der Verjüngung einer Traditionsmarke zu viel trauen, hat kürzlich die Aufregung um Milchbubi Günter gezeigt. Günters Gesicht zierte 30 Jahre lang die Schachteln der Kinderschokolade. Jetzt wurde eine neue Grinsebacke draufgedruckt. Das stört viele Kunden.

Auch Heidi, das Zeichentrick-Madl von der Alm, kann man nicht eben mal so neu erfinden. Noch unmöglicher wird es, wenn der Schöpfer des Originals Hayao Miyazaki heißt, kein Geringerer als der japanische Gott des Animationsfilms. Gewiss, Johanna Spyri hatte Heidi bereits 1880 für ihren Kinderroman mit der Waise aus den Schweizer Bergen erfunden – aber erst der Anime-Regisseur stilisierte Heidi 1974 zu einer unverwechselbaren Zeichentrickfigur im Manga-Stil, nach einer Vorlage von Marty Murphy.

Dank Miyazaki hat Heidi Riesenaugen, braune kurze Haare mit gezacktem Pony und trägt ein rosarotes Leibchen. So unverwechselbar berühmt wie Hello Kitty, Pikachu von den Pokémons oder Pumuckl. Deshalb muss Regisseur Alan Simpson mit seiner „Heidi“-Reanimation einfach scheitern. Internationaler wollte er sie machen. Doch sie wurde nur dünner – genau so wie die Story. Kult-Figuren wie der Bernhardiner Josef fehlen, der Alm-Öhi heißt nur noch Großvater, und der Heidi-Song tönt bloß noch weichgespült. Hätte Simpson eine rigide Neuinterpretation gewagt wie etwa Markus Imboden, der Heidi in seinem Realfilm 2001, rebellisch und mit blauen Haaren, ins neue Jahrtausend holte: Das wär’s gewesen.

In 16 Berliner Kinos

Dagny Lüdemann

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