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Kultur: Mit seinem neuen Album landet Tricky zurück auf dem Boden der Beats

Sein Rap klingt nach schwerem Asthma, die Texte halten viele für psychotisch. Für Adrian Thaws, bekannt als Tricky, ist die Hölle immer gleich um die Ecke.

Sein Rap klingt nach schwerem Asthma, die Texte halten viele für psychotisch. Für Adrian Thaws, bekannt als Tricky, ist die Hölle immer gleich um die Ecke. Dabei schien der Erfolg ihm zuzufliegen. Die kleine Musik-Szene seiner Heimatstadt Bristol konzentrierte sich auf eine Clique, den "Wild Bunch" von Nellee Hooper, dem späteren Producer von Soul II Soul und Madonna. Aus dieser kleinen Szene entstanden Massive Attack und Portishead - kurzum: Fast alles, was vor ein paar Jahren als "Sound of Bristol" hochgejubelt wurde. "Tricky Kid" hing immer mit im Studio rum. 1991 tauchte er erstmals auf "Blue Lines" von Massive Attack auf. "Hell Is round The Corner" hieß Trickys erster Hit, erschienen 1995 auf dem Album "Maxinquaye". Die Popwelt feierte einen neuen Poeten der Düsternis.

Doch ebenso schnell entzog sie ihre Gunst, als dem Debüt schwächere Werke folgten. Auf "Pre Millenium Tension" gab Tricky mit seinem phlegmatischen Sprachduktus noch einen Eindruck von nihilistischer Erotik. Das folgende "Angels With Dirty Faces" wurde von der britischen Presse mit Heroin in Verbindung gebracht. Für den "New Musical Express" war die Platte schlicht "unhörbar". Trickys Sound-Vorstellungen waren von je her härter, obszöner gewesen, als es der Massengeschmack sonst zuläßt. Deshalb war seine Handschrift als Producer zeitweise gefragt. Doch die Mode der dunklen Trip-Hop-Sounds ging zu Ende, Tricky verlief sich zunehmend in klaustrophobischen Klangwelten. Ein dezenter Hauch von Größenwahn kann im Popgeschäft nicht schaden. Attacken gegen Journalisten, handgreifliche Eifersüchteleien mit Goldie (wg. Björk) - daran labte sich die Tratschpresse. Aber so etwas kann man sich nur leisten, wenn man gute Platten macht. Bei mäßigen verspielt man seinen Ruf.

Nun also ein neuer Anlauf. Weg von der reinen Seelenqual. Hin zu den Wurzeln: zum HipHop. Von seinem neuen Wohnort New York flog Tricky nach Miami. Dort traf er auf die DJs Muggs (der auch für Cypress Hill an den Knöpfen drehte) und Grease (Ruff Ryders, DMX). Mit ihnen hat Tricky eine beinahe fröhliche Musik aufgenommen. Vielleicht, weil in Miami die Sonne öfter scheint als in Bristol. Vielleicht lag es an den spanischen Chicas oder an den örtlich bevorzugten Drogen. Vielleicht auch daran, dass zwei Fremde Trickys diffusen Stimmungen gegeben haben, was ihnen lange fehlte: eine Richtung. Dieses Album, das mit seiner Länge von 35 Minuten ein Fall für den Verbraucherschutz wäre, ist sein bisher schlüssigstes. Wieder flüstert er mit papiertrockener Stimme wirres Zeug direkt an unser Ohr, läßt sich digital multiplizieren, redet aus allen Richtungen zugleich. Doch die "Juxtaposition", die Nebeneinanderstellung dreier verschiedener Sound-Vorstellungen, führt dazu, dass Trickys Paranoia sicher auf konventionellen Song-Mustern abgefedert wird, wie die coproduzierenden HipHop-Routiniers sie mitbringen. Ihre ordnenden Hände haben ihn gezähmt. In seinem Fall ist das ein Fortschritt.Tricky: Juxtapose, Island / Mercury

Ralph Geisenhanslüke

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