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Kultur: MUSIK IN BERLIN: Momente

Otto M.Zykan ist ein Neodadaist.

Otto M.Zykan ist ein Neodadaist.Die Werke des Wiener Künstlers überschreiten den Bereich "absoluter" musikalischer Äußerungen im Arrangement szenischer, gestischer und sprachlicher Elemente.Irgendwo zwischen Dadaismus, "Wiener Gruppe" und der konkreten Poesie Ernst Jandls angesiedelt, haben Zykans musiktheatralische Aktionen hohen Unterhaltungswert - so auch die "Bilder einer Ausstellung", die der RIAS-Kammerchor unter Leitung von Marcus Creed im Kammermusiksaal der Philharmonie uraufführte.

Wie die Dadaisten, so versucht auch Zykan, die Kunst mit dem Leben zu verbinden: Absurditäten des Alltags sind sein Thema ebenso wie die eingespielten Rituale des Konzertbetriebs.In einer Szene gruppieren sich die Choristen, diesmal in "Räuberzivil", nach einer ausgeklügelten Choreographie, stehen auf und setzen sich hin, als wüßten sie nicht, wann nun ihr Einsatz kommt.Das ist nahe an Kagels Idee eines "instrumentalen Theaters".Aber es gibt auch Momente einer fast absoluten Musik, so in den "Intermezzi" für Streichquartett.Das inhaltliche Spektrum reicht von Musik über Musik - etwa in der "Dekomposition" von Schuberts "Leise fliehen meine Lieder" - bis zu zynischer Polemik gegen Arnold Schönberg und die Institutionen Neuer Musik.In den "Promenaden" - so nennt Zykan in Anlehnung an Mussorgsky seine gliedernden, satirisch-kabarettistischen Zwischenreden - ist der Komponist sein erster und bester Interpret, sekundiert von den wunderbar nüchtern-komischen Aktionisten Eduard Würzburger und Manfred Länger.Offenbar mit Freude hat auch der Chor die phonetischen, musikalischen und theatralischen Anweisungen einstudiert, die er präzise und gerade durch die Ernsthaftigkeit des Vortrags auch ungeheuer komisch präsentierte.Die "Bilder einer Ausstellung" sind ein "work in progress", das Stücke der letzten dreißig Jahre vereint, ein "Kompendium uneigennütziger Ideen und Beobachtungen", wie Zykan es selber nennt.Man darf gespannt sein, welche Veränderungen und Erweiterungen das "Lebenswerk" in den nächsten Jahren noch erfahren wird.

GREGOR SCHMITZ-STEVENS

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