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Kultur: Musik ist Trumpf

Noten und Notate: Autografen-Auktion bei Stargardt

Wer in die Welt des Handels mit Autografen eintaucht, ist sogleich von Stille umgeben. Glamour sucht man auf den Auktionen vergeblich. Niemand beugt sich im Chanel-Kostüm über fieberhaft hingeworfene Noten von Schumann. Die aufgerufenen Lose sehen oft wenig repräsentativ aus: vergilbte Blätter, wilder Federstrich, Durchgestrichenes. Man schaut direkt in die Werkstatt von Schriftstellern und Komponisten.

Wolfgang Mecklenburg hat sich ganz der Handschrift verschrieben. Seit 1885 betreibt seine Familie J. A. Stargardt, das führende Auktionshaus für Manuskripte in Deutschland. Mecklenburg strahlt die Geduld eines asiatischen Bogenschützen aus, der warten kann, bis sein Pfeil von allein den Weg ins Ziel findet. Vor ihm liegt eine Mappe mit Einlieferungen für die Herbstauktion. Unter den 1238 Losen aus Literatur, Wissenschaft und Geschichte ragen hochklassige Musik-Einlieferungen heraus: Blätter von Boccherini (Schätzpreis 6 000 Euro), ein Präludium von Schumann (12 000 Euro), Beethovens Entwurf einer Violinsonate (25 000 Euro). „Man braucht schon einen Anlauf, um den Reiz dieser Arbeiten zu erschließen. Schließlich wurden Autografen nicht als Kunstobjekte geschaffen“, lächelt Mecklenburg.

Über Geld sprechen Autografen- Händler nicht gerne. Vielleicht, weil ihnen der Lärm des Kunsthandels mit seinen Rekorden in den Ohren dröhnt. Doch das Geschäft mit den Handschriften ist in Bewegung geraten, besonders bei Noten. Immer mehr private Sammler treten der weltweiten Bietergemeinschaft hinzu. Gleichzeitig nimmt die Ankaufkraft europäischer Bibliotheken stark ab. Die Folge: Viele Autografen verlassen Europa in Richtung USA. Dort animieren Steuerersparnisse dazu, kostbare Noten in Stiftungen einzubringen. Das konnte auch Mecklenburg erleben. Das Spitzenlos seiner Frühjahrsauktion, das Autograf des 2. Satzes von Mahlers „Auferstehungssymphonie“, landete für 240 000 Euro in der Unibibliothek von Yale.

„Zehn Prozent aller Zuschläge sind echte Überraschungen“, erklärt Mecklenburg. Richard Strauss setze gerade zum Klassikersprung an und werde „hässlich teuer.“ Wer viel Geld habe, sollte die nächsten Jahre alles aufkaufen. Könnte sich auszahlen. Denn verglichen mit bildender Kunst wären Autografen „unglaublich billig“.

J. A. Stargardt, Vorbes. 20. November, 10–18 Uhr, Auktion 21./22. November, 10 Uhr, Opernpalais, Unter den Linden 5.

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