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Kultur: Mut oder Medizin?

„Mein kleines Kind“, ein Dokumentarfilm von Katja Baumgarten

Die sofortige Beendigung der Schwangerschaft ist in dieser Situation der übliche Weg. Das sagt der Arzt nach der Ultraschall-Untersuchung. Katja Baumgarten, alleinstehende Mutter von drei Kindern, erfährt, dass ihr viertes Kind schwerstbehindert ist und nur geringe Chancen hat, die Geburt zu überleben. Sie muss sich entscheiden, ob sie das ungeborene Kind im Mutterleib töten lässt oder es zur Welt bringt, damit es auf natürlichem Wege sterben kann.

Baumgarten treibt nicht ab. Ihrer Freundin, der Kamerafrau Gisela Tuchtenhagen gibt sie bis zur Geburt Auskunft. Der Sohn malt Rosen im blauen Tränenmeer, die Tochter hat ein Tamagochi und erklärt der Mutter, dass man ein neues bekommt, wenn das alte wegen Vernachlässigung stirbt. Auch bei der Geburt ist die Kamera dabei. Die Bilder bleiben behutsam – nach wenigen Stunden stirbt der Säugling.

Katja Baumgarten ist Hebamme und Filmemacherin. Sie, die Expertin, lehnt Krankenhäuser und Schulmedizin ab. Die Sätze der Ärzte werden in Zwischentiteln eingeblendet. Auch das Unverständnis vieler Freunde wird zitiert - sachlich und dennoch mit unterschwelliger Kritik. Wie kann man nur so unsolidarisch sein. „Mein kleines Kind“ ist als kunstlos schlichtes Dokument ein Insider-Film, der gerade in Zeiten der Gentechnik zu denken gibt. Und doch beschleicht die Zuschauerin als Nicht-Expertin ein leises Unbehagen ob der suggestiven Kritik an all jenen, die anders entscheiden würden. Respekt gebührt Baumgarten dennoch – für den Mut, die riskante Entscheidung zur Diskussion zu stellen. Christiane Peitz

Filmbühne am Steinplatz, Hackesche Höfe

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