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Kultur: Mutter Zivilcourage

Der Aufstand der Frau, die nicht aufstand: zum Tod der US-Bürgerrechtlerin Rosa Parks

Von Caroline Fetscher

Es war eine Frau, die mit kleiner Geste eine große Rebellion anzettelte. Ihre Geschichte ist Legende, jedes Schulkind in Amerika kennt sie: Am 1. Dezember 1955 saß Rosa Parks müde und erschöpft von der Arbeit in einem Bus in Montgomery, Alabama, als ein Weißer sie aufforderte, für ihn Platz zu machen. Vielleicht hätte Rosa Parks ihren Platz einem kleinen Kind oder einem alten Mann überlassen. Aber müde war sie nicht nur von der Arbeit. Vielmehr hatte sie die grotesken Gesetze und Regeln der Rassentrennung satt, etwa die Jim Crow-Laws, nach denen African Americans als Menschen zweiter Klasse eingestuft wurden. Weißen waren die vorderen Reihen vorbehalten, Schwarzen der hintere Teil des Busses. Sie mussten erst vorn beim Fahrer zahlen, dann durch die Hintertür erneut einsteigen. Brauchte ein Weißer einen Sitzplatz, musste ein Schwarzer den seinen räumen. Aber an diesem Tag stand Rosa Parks, Tochter einer Lehrerin und eines Tischlers, Näherin in einem Kaufhaus, aktive Bürgerrechtlerin, gläubige Christin, 42 Jahre alt, nicht auf. Und zettelte damit einen Aufstand an.

„Diese Misshandlungen war ein Unrecht, und das wollte ich nicht länger dulden“, schrieb sie in ihrem Buch „Quiet Strength“ (1994). Parks riskierte in diesem Bus, die Weißen zu brüskieren: „Mir war bewusst, das es mir übel ergehen könnte, aber ich wusste auch, dass in der Situation die Option lag, anderen zu zeigen, worum es ging. Ich dachte an meine Mutter und an meine Großeltern, und daran, wie stark sie waren.“

Verhaftet und vor den Richter geführt, sollte Parks ein Bußgeld zahlen. Eine Kampagne der Solidarität lief an. 382 Tage lang bestreikten Schwarze, angeführt vom jungen Pastor der Dexter Avenue Baptist Church, Martin Luther King Junior, die Omnibusse von Montgomery. Die Weltpresse wurde auf den Fall aufmerksam, schließlich verfügte das Oberste Bundesgericht im Winter 1956, die Rassentrennung in Transportmitteln sei verfassungswidrig.

Rosa Louise Parks, geborene McCauley, eine zarte Frau mit randloser Brille und großzügigem Lächeln, hatte den ersten Meilenstein der schwarzen Bürgerrechtsbewegung gesetzt. Ihre Arbeit in Montgomery verlor sie, wie die Mehrzahl der Aktivisten. Drohanrufe und Feindseligkeiten von Weißen brachten Raymond, Rosa Parks Ehemann, zum Nervenzusammenbruch, und das Paar zog 1957 nach Detroit, wo sie Arbeit bei einem liberalen Kongressabgeordneten fand. Zwanzig Jahre später, nach dem Tod ihres Mannes, gründete sie in Detroit das „Rosa and Raymond Parks Institute for Self-Development“, das Jugendlichen die Geschichte der Bürgerrechtler nahe bringen soll.

Zwar herrschte in den USA der Fünfzigerjahre eine weniger drastische Diskriminierung, als im Apartheidsregime Südafrikas, doch eine nicht minder manifeste. Als Kind hörte Rosa Parks nachts in Alabama das Grölen des Lynchmobs, wenn er einen Schwarzen an einem Baum aufknüpfte. Noch Colin Powell, US-Außenminister während der ersten Amtszeit Bushs, erinnert sich daran, dass seine Eltern keine Tankstellen-Toiletten benutzen durften.

Weil die Diskriminierung in den USA noch nicht beendet ist, bat Powells Frau ihren Mann noch in den späten Neunzigern, nicht für das Präsidentenamt zu kandidieren: „Das käme zu früh für unser Land.“ Inzwischen ist eine schwarze Frau Außenministerin der USA. Sie ist auch im Gespräch als Kandidatin für die nächste Präsidentschaft.

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