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Der 15-jährige Daniel Lozakovitj beim Schlussapplaus im Konzerthaus.

© Norbert Möller

Nachwuchsgeiger im Konzerthaus: Jung spielt reif

Nachwuchsgeiger brillieren im Konzerthaus und zeigen, dass Leistungsbereitschaft auch im jugendlichen Alter noch nicht ausgestorben ist.

Es wird ein langer Abend, wenn nacheinander Violinkonzerte der drei großen B erklingen. Dass diese – Bach, Beethoven, Brahms – allesamt von einer Person gegeigt werden, die noch dazu erst 13 Jahre alt ist, kann man sich heutzutage kaum mehr vorstellen.

Als Yehudi Menuhin im April 1929 in Berlin auftrat, tat er aber genau das – und begründete damit seine internationale Karriere. Später ging das legendäre Konzert als „Mayflower“ in die Musikgeschichte ein, angelehnt an das erste Auswandererschiff, von dessen Passagieren später die Hälfte aller Amerikaner abstammen wollte. Zehntausende, so soll Menuhin es beschrieben haben, sprachen das Geigengenie darauf an, in der festen Überzeugung, bei seinem Debüt damals dabei gewesen zu sein.

Das Konzerthausorchester empfindet diese Sternstunde zum Abschluss seiner Yehudi-Menuhin-Gedenkwoche insofern nach, als es sich gleich drei junge Geiger eingeladen hat, die sich das historische Programm aufteilen. Eine gute Idee, die hoffen lässt. Denn Yesong Sophie Lee, Daniel Lozakovitj und Stephen Waarts mögen zwar keine Wundergeiger wie Menuhin sein, aber sie zeigen, dass Kunstanspruch und Leistungsbereitschaft auch im jugendlichen Alter noch nicht ausgestorben sind.

Ein Spiel mit Warmherzigkeit und einem eigenen Kopf

Nun ist die Sache mit den Wunderkindern ja immer etwas heikel, denn nicht selten zerstört allzu großer elterlicher Ehrgeiz die jungen Talente, weil der Mensch hinter seiner Geige auf der Strecke bleibt. Beispiele dafür gibt es mehr als genug, und nur manche wie Midori oder David Garrett haben auf die eine oder eben andere Art zu ihrem Instrument zurückgefunden.

Insbesondere beim 15-jährigen Schweden Daniel Lozakovitj scheint diese Befürchtung aber fehl am Platz. Er macht mit seinem Beethoven besonderen Eindruck – weil er eben gerade nicht hochdressiert seine Partie herunterfiedelt, sondern mit seinem Spiel mitgewachsen ist. Es ist durchaus nicht fehlerfrei und doch durchdacht, nicht kalt perfektioniert, sondern warmherzig empfunden, dass man ganz erschüttert ist über die Reife seiner Interpretation. Was manches Geigengirlie auch mit Mitte 30 nie lernen wird, kann dieser schüchterne und aufgeregt schwitzende Stimmbrüchige ganz natürlich: Er trägt den musikantischen Geist in sich, der ein Notenblatt eben erst zur Kunst macht. Er spielt nicht, wie „man“ spielt, er hat seinen eigenen Kopf, und das ist so großartig, dass es das Publikum von den Sitzen reißt. Seine Kollegen, die mit dem zurückhaltend begleitenden Konzerthausorchester unter James Judd durchaus sehr beachtlich spielen, lässt er mit seinem Anspruch ziemlich weit hinter sich. Man wird hoffentlich vor allem deswegen noch von ihm hören, weil er eben kein farbloses Virtuosengeklingel abliefert.

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