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Kultur: Nobler Kapitän

Shakespeare im Weltall: Patrick Stewart wird 70

Von Jörg Wunder

Erst in der letzten von 178 Folgen der Fernsehserie „Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert“, nachdem er mit seiner Crew sieben Jahre lang unbekannte Welten und ferne Galaxien erforscht hat, setzt sich Captain Jean-Luc Picard zu seinen Offizieren, um an deren traditioneller Pokerrunde teilzunehmen.

Picards Zurückhaltung, keineswegs der Arroganz des Vorgesetzten geschuldet, sondern der Sorge, die Unbefangenheit seiner Untergebenen durch seine Anwesenheit zu gefährden, verrät viel darüber, wie der Brite Patrick Stewart seine Rolle in dieser erzamerikanischen Serie interpretierte: Sein Picard war ein bescheidener, nobler, humanistisch gebildeter und moralisch integrer Anführer, der bei interstellaren Konflikten mehr auf die Überzeugungskraft des Wortes als auf die Feuerkraft von Phaserwaffen setzte.

Patrick Stewart trat ein schweres Erbe an, als er Mitte der 80er für die Fortsetzung der Science-Fiction-Kultserie „Star Trek“ gecastet wurde, galt sein Vorgänger William Shatner doch als Ikone der Fernsehunterhaltung: ein limitierter, ansonsten eher erfolgloser Schauspieler, der gerade darum den draufgängerischen Raumschiffkapitän Kirk mit einer in den Bann schlagenden Intensität verkörperte. Nicht nur „Star Trek“-Erfinder Gene Roddenberry zeigte sich skeptisch, ob ein glatzköpfiger Brite von Mitte 40 die weltweite Fangemeinde überzeugen könnte. Doch die natürliche Autorität und schauspielerische Präsenz, mit der Stewart noch den einfältigsten Szenen Würde verlieh, zerstreuten die Bedenken rasch.

Sein Handwerk hat Stewart am Theater gelernt: Von 1966 bis 1982 gehörte er zum Stammensemble der Royal Shakespeare Company, wo er neben späteren Weltstars wie Ben Kingsley und Ian McKellen spielte. Parallel arbeitete er an einer Filmkarriere und übernahm bald nach seinem Ausstieg aus der Company eine der Hauptrollen in David Lynchs Weltraumoper „Der Wüstenplanet“, wodurch die „Star Trek“-Produzenten auf ihn aufmerksam wurden.

Trotz der überragenden Resonanz auf seinen Picard legte Stewart stets Wert darauf, nicht auf diese Rolle festgelegt zu werden, und trat in sehr unterschiedlichen Filmen auf. Mit der aufs Mimische konzentrierten Darstellung des querschnittsgelähmten Professor Xavier in den drei „X-Men“-Filmen verkörperte er ab 2000 abermals eine Figur der Popkultur, wobei das erfolgreiche Comic-Franchise aus dem Schauspielerduell zwischen Stewart und seinem alten Freund Ian McKellen als Xaviers Widersacher Magneto besonderen Reiz zieht.

Heute wird Patrick Stewart, der Shakespeare in die letzten Ecken des Universums trug, 70 Jahre alt.Jörg Wunder

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