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Kultur: Nordseele

Der Fotograf RAX stellt bei Argus aus

Von seinen Freunden wird der Isländer RAX genannt. Unter diesem Kürzel kennt ganz Island den Fotografen, der seit 1976 für die Zeitung „Morgunbladid“ kreuz und quer auf der Insel, aber auch auf Grönland und den Färöer-Inseln unterwegs ist. Keine einsame Bauernhütte, in die er nicht geschaut, keine Fischer und Jäger, die er nicht einmal ein Stück Weg mit ihren Hundeschlitten begleitet hätte. Doch Ragnar Axelsson, 1958 geboren und in Reykjavik ansässig, genießt nicht allein den Ruf eines herausragenden Fotojournalisten. Er gilt auch als jemand, der die „Seele des Nordens“ – so der Titel eines großen Fotobuches – adäquat in Bilder zu fassen vermag oder ihr zumindest dicht auf der Spur ist.

Die knapp 50 von der Fotogalerie Argus präsentierten Arbeiten zeigen in der Mehrzahl Schneelandschaften. Der kurze isländische Sommer und die viel besuchten Geysire scheinen RAX nicht sonderlich zu interessieren. Eisberge türmen sich zu gigantischer Höhe, Sturm fegt über das Land, während Bauern, Fischer und Jäger mit vom Wetter gegerbten Gesichtern der unwirtlichen Natur standhalten. Ihre Holzhäuser sind solide wie ihre Lebensweise, im Gegensatz zu den windschiefen Siedlungen in Westsibirien, die RAX im Auftrag seiner Zeitung besucht hat und deren Bilder drohende zivilisatorische Verwahrlosung signalisieren.

Bei Coloraufnahmen nimmt Schnee oft eine unangenehme rötliche Färbung an. Auch darum bleibt der Isländer dem traditionellen Schwarzweiß treu, mit dem er feinste Kontrastwirkungen zwischen den verschiedenartigen Grautönen der Landschaft erzielt. Seine Aufnahmen sind auf die Weise auch Elegien im Angesicht der drohenden Klimaveränderung. Vor allem aber sind sie, neben ihrem ethnografischen Wert, Sinnbilder menschlicher Standhaftigkeit. Auf einem Bild gewinnt ein alter Mann fast das Aussehen eines alttestamentarischen Propheten: Heftig zaust der Wind in seinem weißen Haarschopf und Bart, Gischt schäumt über das Ufer. Nur der schwarze Pullover des zur Seite blickenden alten Mannes bildet einen optischen Ruhepunkt. „Farmer Giundjon“ ist der Titel dieser – wie bei Axelsson fast immer – geglückten Komposition. Hans-Jörg Rother

Argus Fotokunst, Marienstr. 26; bis 20. Dezember, Di-Sa 14-18 Uhr.

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