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Kultur: Offene Ohren, offene Türen Klaus Wowereit eröffnet einen neuen Konzertsaal in Berlin

Manchmal führt der Weg zum Glück durch die Hintertür. In der Schützenstraße, im toten Winkel der Berliner Mitte zwischen Checkpoint Charlie und Leipziger Straße, steht das Quartier des Italieners Aldo Rossi.

Manchmal führt der Weg zum Glück durch die Hintertür. In der Schützenstraße, im toten Winkel der Berliner Mitte zwischen Checkpoint Charlie und Leipziger Straße, steht das Quartier des Italieners Aldo Rossi. Zwischen seinen putzigen, quietschbunten Fassaden scheint ein barockes Stadtpalais den Bombenhagel des Weltkriegs überstanden zu haben – ein schöner Schein: Der zitatverliebte Architekt selber hat zwischen die Büro- und Geschäftshäuser einen Ausschnitt aus der Rückfassade des römischen Palazzo Farnese platziert. Weil nach dem Willen der Bauherren hier eigentlich eine feine Anwaltskanzlei oder ein florierendes Unternehmen residieren sollte, leistete man sich im vierten Stock des Palazzo den Luxus eines repräsentativen Sitzungssaales mit hohen Bogenfenstern und Galerie.

Da es in der Hauptstadt aber derzeit an expansionsfreudigen Firmen fehlt, entschloss sich der Noris Immobilienfonds jetzt, zum Mäzen zu werden und dem Freundeskreis des Deutschen Symphonie-Orchesters(DSO) Aldo Rossis piano nobile zur Verfügung zu stellen. Binnen weniger Monate organisierte der seit drei Jahren existierende Freundeskreis den Ausbau des Konferenzraums zum „kleinen Musiksaal“ für das Orchester.

Bei der Eröffnung des neuen Klassiktreffpunkts in Anwesenheit des DSO-Chefdirigenten Kent Nagano am Freitagabend geriet Klaus Wowereit geradezu ins Schwärmen ob so viel bürgerschaftlichen Engagements: „Gibt es für einen Regierenden Bürgermeister etwas Schöneres, als einen Saal zu eröffnen, der ihn nichts gekostet hat und dessen Glanz doch auf die gesamte Stadt abstrahlt?“ Zur Freude des illustren Publikums bekannte sich der in Sachen Opernstrukturreform so schweigsame Senatschef dann ausdrücklich zum staatlichen Kulturauftrag. Privates Engagement dürfe nicht als Alibi für einen Rückzug der öffentlichen Hand aus der Subventionspraxis missbraucht werden.

Die klangliche Kostprobe der DSO-Musiker zeigte allerdings, dass ein Stück wie Beethovens Septett schon fast zu mächtig in dem akustisch äußerst präsenten 99-Plätze-Saal wirkt. Sinnvollerweise soll das Auditorium künftig vor allem im Sinne eines großbürgerlichen Salons genutzt werden: Zu den privaten Förderern des DSO gesellt sich dann die Dresdner Bank, die ab der kommenden Spielzeit eine neue Kammerkonzertserie mit Hochschulabsolventen finanzieren will – wenn sich bis dahin ein großzügiger Spender gefunden hat, der für den Saal einen Flügel beisteuert.

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