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Kultur: Oh Täler weit, oh Höhen

POP

Eine steinige Landschaft, schroff, abweisend und menschenleer. Die Zuschauer im Maria am Ufer blicken auf die kahle Erde Islands – der Heimat von Gus Gus . Doch die imponierende Video-Kargheit ist nur ein Ablenkungsmanöver, und ein durchschaubares noch dazu. Das Beat-Gerüst der vierköpfigen Band rast stetig, klappert mal schneller, mal langsamer. Ohne die gelegentlichen Synthesizer- Fanfaren bleibt die Musik selbst so trocken wie die abgefilmten Gebirgsmassive. Links wackelt ein Mann mit langen blonden Haaren, einem Schnauzer, einem schicken schwarzen Hemd und einer weißen Hose mit Ananas-Applikationen: President Bongo. Er haucht der Show Leben ein, gibt ihr ein belustigendes und ja auch lustiges Gesicht. Zu gegebener Zeit greift er das Mikro, singt eine Phrase im Falsett oder flucht einen Slogan heraus. „This is a political song“, skandiert er über einen Techno-Beat. Und als die Bass-Drum hinzugemischt wird: „This is a political song with a bass drum.“

Bongo tanzt, schließt die Augen und dreht sich im Kreis. Körperpolitik, linksdrehend. Rechts von ihm versucht Sängerin Earth, mit ihrer entrückten Stimme entweder Aufmerksamkeit zu erregen oder vor lauter Scham in die Versenkung zu verschwinden, weil das Mikrofon wieder einmal ausgefallen ist. Technik begeistert, schränkt aber auch ein. In mehr als sechzig Minuten spielen die Isländer gerade einmal acht Titel. Exzessiv türmen sich Bässe, Hi-Hats und Beats zu monströsen Gebilden auf – bis sie nach etwa zehn Minuten in einer Art Stromausfall kollabieren. Höhepunkt ist der Abschiedstrack „David“. Bongo hüpft mit freiem Oberkörper, glotzt, während eine saftige Keyboard- Hymne die Halle erschüttert und Earth davon singt, dass sie die vergangene Nacht nicht aus dem Körper kriegt: „I still have last night in my body.“ Das stimmt noch Tage später.

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