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Kultur: Ohne Konflikte Zacharias, Zimmermann und Schiff spielen Beethoven

Wüsste man nicht, dass die drei auch im Solistenleben keine überzeugten Frackträger sind, könnte man ihren Auftrittsgarderoben Symbolwirkung beimessen: Christian Zacharias, Frank-Peter Zimmermann und Heinrich Schiff treten im „concert casual“ mit Rollkragenpullover, flatterndem schwarzen Hemd und hoch geschlossener Jacke auf, als wollten sie schon von vornherein zeigen, dass sie auch alles auftrumpfende Virtuosentum daheim gelassen hätten. Doch die Befürchtung, die drei Weltklassemusiker würden Beethovens Klaviertrios zum Schauplatz eines Verdrängungswettbewerbs machen, verfliegt augenblicklich: Die drei machen echte Kammermusik, verzichten auf Selbstdarstellung und hören stattdessen ganz genau, was der andere zu sagen hat.

Wüsste man nicht, dass die drei auch im Solistenleben keine überzeugten Frackträger sind, könnte man ihren Auftrittsgarderoben Symbolwirkung beimessen: Christian Zacharias, Frank-Peter Zimmermann und Heinrich Schiff treten im „concert casual“ mit Rollkragenpullover, flatterndem schwarzen Hemd und hoch geschlossener Jacke auf, als wollten sie schon von vornherein zeigen, dass sie auch alles auftrumpfende Virtuosentum daheim gelassen hätten.

Doch die Befürchtung, die drei Weltklassemusiker würden Beethovens Klaviertrios zum Schauplatz eines Verdrängungswettbewerbs machen, verfliegt augenblicklich: Die drei machen echte Kammermusik, verzichten auf Selbstdarstellung und hören stattdessen ganz genau, was der andere zu sagen hat. Gegen die festgezurrte Rollenverteilung eingespielter Klaviertrios, die meist etwas von den ritualisierten Alltagsdialogen Jahrzehnte alter Beziehungen hat, klingen die Gelegenheits-Triospieler an beiden Abenden im Kammermusiksaal wie Leute, die gerade erst dabei sind, sich kennen zu lernen: Mit fast übertriebener Höflichkeit flacht Christian Zacharias am Klavier die Phrasenenden ab, um seine Dialogbereitschaft zu signalisieren. Schüchtern, mitunter fast spröde gibt Frank-Peter Zimmermann Antwort – wenn der Ton seiner Stradivari für Momente üppiger aufblüht, wirkt das eher, als sei er durch Heinrich Schiffs beredten Celloton wider Willen aus der Reserve gelockt worden. Man respektiert einander, äußert auch dezent seine Meinung, wagt sich aber nicht zu weit vor, um die anderen nicht vor den Kopf zu stoßen: Vor allem in den drei Trios Opus 1 entspinnt sich dieser Prozess vorsichtigen Abtastens, wird ein aufmerksamer Konversationston gepflegt. Was zwangsläufig dazu führt, dass die frühen Werke hier noch ganz im 18. Jahrhundert verwurzelt zu sein scheinen: Der kühne Humor und die vorausweisende Radikalität der motivischen Arbeit vor allem in den Scherzi und Finalsätzen klingen eher nach Haydnschem Esprit, Zacharias’ munter perlende Geläufigkeit nach Mozartscher Eleganz. Dass am Ende des ersten Abends ausgerechnet das „Erzherzogs“-Trio etwas in den Sog der Konfliktvermeidungsstrategie gerät, ist schade: Hier, wo vor allem vom Klavier aus die sinfonische Weiterung der Perspektive hätte deutlich gemacht werden müssen, wo die zyklische Aufführung gerade den Beethovenschen Quantensprung, das Abschütteln jeglicher Konvention hätte zeigen können, bleibt der Ton zu unverbindlich. Man kennt sich offenbar so gut, dass man sich geistreich unterhalten und anschließend im dramatischer gefärbten Geistertrio auch schon mal ein bisschen zoffen kann. Nur für den großen Höhenflug zu dritt ist die Zeit noch nicht reif. Jörg Königsdorf

Jörg Königsdorf

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