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Oper: Hingabe muss man hören können

Jörg Königsdorf über ein lautes Liebespaar in der Oper.

Bei seinem ersten großen Opernerfolg nahm Giacomo Puccini keine Rücksicht auf sängerdarstellerische Glaubwürdigkeit: Während ihm sieben Jahre später die good looks seiner Tosca genauso wichtig waren wie die Schönheit der Stimme, verlangte er von den Protagonisten seiner Manon Lescaut eine Durchsetzungskraft, die kaum zu einem zartbesaiteten Liebespaar passt. Um das meist aus Leibeskräften aufspielende Orchester zu übertönen, braucht es Sänger mit dramatischer Durchschlagskraft – die aber können in den seltensten Fällen noch jene Jugendlichkeit vermitteln, die den Leichtsinn Manons und die besinnungslose Hingabe ihres Des Grieux erst mitleidsfähig machen.

Neill Shicoff gehört zu den wenigen Sängern, denen dieser Balanceakt bisher gelungen ist. Bei seinem Rollendebüt 2005 an der Wiener Staatsoper konnte der Mittfünfziger noch plausibel den liebestollen Studenten im Kapuzenpulli mimen und mit tenoralen Strahletönen die Wiener Philharmoniker übertrumpfen. An der Deutschen Oper, wo er zuletzt als Cavaradossi brillierte, will Shicoff jetzt seinen Triumph wiederholen: In der reichlich staubigen Inszenierung von Gilbert Deflò erwarten ihn zwar keine darstellerischen Herausforderungen, aber mit der Chilenin Cristina Gallardo-Domas eine Manon, die ihn zu Höchstleistungen animieren könnte. Gute Voraussetzungen immerhin, dass der Mittwoch (19 Uhr 30) und der Sonntag (18 Uhr) zu Saisonhöhepunkten an der Bismarckstraße werden.

Jörg Königsdorf

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