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Orchester-Akademie: Fliegen lernen

Kammermusik von Strauss bis Strawinsky, von Hingabe bis Anmut: Simon Rattle und die Orchester-Akademie der Philharmoniker überzeugen.

Die scharfe Süße nach der Kadenz der Harfe in Ravels „Introduction et Allegro“. Das Verspielte, die Hingabe. Die Delikatesse der Flöte, die Traumverlorenheit von Violine und Bratsche, das aparte Pianissimo der Klarinette. Lasst die Jungen schwärmen – und schon lehren sie einen das Staunen. Jedenfalls an diesem Abend der Orchester-Akademie im Verbund mit gut 20 Berliner Philharmonikern im Kammermusiksaal. Nach der sonoren Es-Dur-Serenade von Richard Strauss (einem Frühwerk für 13 Blasinstrumente), nach Strawinskys spitzzackigem „Concertino“ mit den vertrackten, energischen Rhythmen, nach dessen argloser „Pastorale“ können sie mit Ravel endlich fliegen lernen. Die Anmut der Harfe (als Gast: Elsie Bedleem) regt die Akademisten an.

Kammerwerke von Strauss, Strawinsky, Ravel: Miniaturen musikalischer Expression, ein Spielplatz der Sentimente als Testfeld für den Musiker-Nachwuchs. Zum Finale dirigiert Simon Rattle Strauss’ „Metamorphosen“ von 1945. Man muss die Weheklage für 23 Streicher nicht mögen, dieses das Kriegsende so edel wie nachdrücklich beschwörende Lamento des Präsidenten der Reichsmusikkammer, den Hitler auf seine „Gottbegnadeten“-Liste gesetzt hatte. Aber das halbstündige Crescendo, die unentwegte Intensivierung des Legatos, das satte, sämige Streichertimbre macht den Philharmonikern so schnell keiner nach. Einige Akademisten komplettieren das Ensemble – hohe Schule des verfeinerten Ausdrucks. Starr vor Schmerz, so hört es auf. Eine Pose womöglich. Rattle ringt ihr Momente der Reue ab.

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