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Kultur: Paartherapie

SOTTO VOCE Jörg Königsdorf plädiert für Gleichberechtigung Selbst die eingeschworenen Fans der Kammermusik müssen vermutlich lange in ihren Erinnerungen kramen, um sich an einen wirklich zufriedenstellenden Violinabend zu erinnern. Denn bei kaum einer anderen Zusammenstellung ist das Verdrusspotenzial höher als bei der Paarung Geige-Klavier.

SOTTO VOCE

Jörg Königsdorf plädiert

für Gleichberechtigung

Selbst die eingeschworenen Fans der Kammermusik müssen vermutlich lange in ihren Erinnerungen kramen, um sich an einen wirklich zufriedenstellenden Violinabend zu erinnern. Denn bei kaum einer anderen Zusammenstellung ist das Verdrusspotenzial höher als bei der Paarung Geige-Klavier. Während es einerseits von Mozart über Brahms bis Prokofjew haufenweise Meisterwerke gibt, ist andererseits das gleichberechtigte Musizieren, das diese Stücke erfordern, eine Seltenheit. Meist steht der Geiger im Vordergrund und spielt ein Violinkonzert mit Klavierbegleitung, während der Pianist an halbgeschlossenem Flügel den Prinzgemahl abgibt und den Respektabstand einhält. Schuld heben natürlich meist die Stargeiger, die sich allzu willfährige Pianisten aussuchen – oft in der Angst, mit ihren dünnwandigen Stradivaris nicht mit der geballten Anschlagskraft eines Steinway konkurrieren zu können. Bezeichnenderweise klärt sich das Problem immer dann, wenn einmal ein Ausnahmepianist am Flügel sitzt und zeigt, dass ein wirkungsvoll ausgespielter Klavierpart die Geige nicht zudeckt, sondern einfach nur für spannenderes Musizieren sorgt. Mustergültig führen diesen Dialog beispielsweise Christian Tetzlaff und Lars Vogt auf ihrer jüngst erschienenen CD mit Brahms’ Violinsonaten (EMI) – man darf auf die Kammermusikkonzerte gespannt sein, die Vogt in diesem Jahr als „Pianist in residence“ der Berliner Philharmoniker geben wird.

Zu den Geigerinnen, deren Konzerte oft unter ungleichen Kräfteverhältnissen litten, gehört auch Midori – bei ihren Berliner Auftritten ließ sich zwar der künstlerische Reifungsprozess des einstigen Wunderkindes verfolgen, aber ihr Partner Robert Macdonald blieb meist allzu blass. Ob Charles Abramovic mehr Selbstbehauptungsvermögen besitzt, lässt sich am Dienstag im Kammermusiksaal an Werken von Bach, Saint-Saens, Brahms und Hindemith nachprüfen.

Bei Kathryn Stott und Janine Jansen stehen die Chancen auf Gleichberechtigung am Mittwoch im Kammermusiksaal ziemlich hoch. Die niederländische Geigerin, die gerade ihr erstes Soloalbum bei der Decca veröffentlicht hat, ist durch die regelmäßigen Auftritte bei Frank Dodges’ Berliner Spectrum-Konzerten hier ohnehin vorrangig als sensible Kammermusikerin bekannt. Und Kathryn Stott, einst Gewinnerin des Klavierwettbewerbs von Leeds (der übrigens vor 13 Jahren auch den Karrierestart für Lars Vogt bedeutete), ist eine der besten britischen Pianistinnen, deren Einspielungen französischer Klaviermusik in ihrer diskreten Noblesse vielfach bejubelt und preisgekrönt sind. Dazu passend haben die beiden ein rein französisches Programm mit Sonaten von Debussy, Fauré und Ravel zusammengestellt. Und damit die Geigerin sich auch mal richtig austoben darf, schließt der Abend mit Ravels Zigeunerfantasie „Tzigane“.

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