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Kultur: Passt gerade

Die Berlinische Galerie probt das Collage-Prinzip.

Da wird passend gemacht, was nicht zusammengehört. Die Glühbirne, der Tipp-Ex-Pinsel, der Dübel, der Zahnbürstenaufsatz. Als Basis für ihre Skulptur „Helix“ verwendete Ceal Floyer eine Schablone, wie sie im Schulunterricht benutzt wird, um Kreise zu zeichnen. Für die verschiedenen Durchmesser fand sie Objekte, die sich exakt in die Löcher fügen. Nichts verbindet diese Gegenstände. Die Maßarbeit wird zur Willkür. Mit Humor führt Floyer Schablonendenken vor. In der Ausstellung „Manifesto Collage“ ergänzt die Berlinische Galerie Werke der Privatsammlung von Christiane zu Salm mit Collagen von Hannah Höch oder Kurt Schwitters aus dem eigenen Bestand. Das Projekt ist Ergebnis eines zweifelhaften Handels zwischen Museum und Sammlerin, die 2011 ein Symposion über die Collage sowie die jetzt erscheinende Begleitpublikation finanzierte. Im Gegenzug präsentiert das Museum ihre Kollektion. Die noblen Vorfahren dienen als Stammbaum für die Zeitgenossen. Für die Kuratorin Annelie Lütgens bestehen keine Bedenken, da sie die Arbeiten frei aussuchen konnte.

„Kaputt war sowieso alles, und es galt, aus den Scherben Neues zu bauen“, erklärte Schwitters sein Prinzip der Collage. Nach dem ersten Weltkrieg setzte er Bilder aus Fragmenten und Fundstücken zusammen und baute damit eine Welt, die keiner Logik folgt. Während Schwitters Collagen aus Verzweiflung entstanden, erwachsen die Arbeiten der jüngeren Generation aus Reizüberflutung. Tal R und seine Assistenten haben bis zur völligen Erschöpfung Illustriertenfotos, Werbebroschüren oder Pornoheftchen erst auseinandergeschnitten und dann zu einem neuen strahlenden Planeten zusammengeklebt. Der glänzt zwar schön bunt, langweilt aber.

Einen frischen Blick liefern Tobias Rehbergers Collagen. Für „no.no.no! (Den Trennungsstrich ziehen, jede Minute)“ überklebt er Kriegsbilder mit Transparentpapier. Indem er die Wirklichkeit verdeckt, zeigt er die Verdrängung. Ähnlich führt Martha Rosler die Gleichzeitigkeit von Krieg und Luxus vor. In schicke Wohnzimmer montiert sie Fotos von US-Soldaten. Die Mischung aus Glanz und Polit-Botschaft verbindet die Arbeiten. Doch „Manifesto Collage“ zerfällt in Einzelteile. Die formale Schablone hält die Werke nicht zusammen. Simone Reber

Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124-128, bis 17. 9.; Mi bis Mo 10 - 18 Uhr

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