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PAUKEN & Trompeten: Es soll Kavaliere regnen

Jörg Königsdorf über Richard Strauss’ Trick mit dem Walzer

Über sein bedeutendstes Werk war sich Richard Strauss selbst genau im Klaren. „Ich bin Richard Strauss, Komponist des ,Rosenkavalier‘, tönte der greise Komponist 1945 den amerikanischen Soldaten entgegen, die seine Villa in Beschlag nehmen wollten. Der Titel wirkte, und selbst „Salome“ und „Elektra“ hatten gegen das Dreigestirn von Marschallin, Octavian und Sophie nie eine Chance. Kein Wunder, dass der „Rosenkavalier“ auch im Repertoire aller drei Berliner Opernhäuser vertreten ist. Die beiden besseren Versionen stehen im Juni sogar parallel auf dem Spielplan, nur der langweilige, sich auf etwas verstaubtes Dekor beschränkende „Rosenkavalier“ der Staatsoper ist derzeit bis auf Weiteres eingemottet. In ihren unterschiedlichen Ansätzen beweisen die Inszenierung von Andreas Homoki an der Komischen Oper (wieder am 17. und 23.6.) sowie Götz Friedrichs Art-Déco-Variante an der Deutschen Oper, dass weder an Rosen noch an Kavalieren Mangel sein muss. Schon dass Strauss mit den Mitteln des Wiener Walzers eine Handlung illustriert, die zu einer Zeit spielt, als es diesen Walzer noch gar nicht gab, ruft zu Erklärungsansätzen des Regietheaters auf.

Um sich gegen die frische, von Publikum und Kritik enthusiastisch gefeierte Produktion der Komischen Oper behaupten zu können, bietet die Deutsche Oper einen besondern Trumpf auf: Spätestens mit ihrer Bayreuther Isolde hat es Nina Stemme in den kleinen Zirkel der Gottbegnadeten geschafft, und wer will, kann in Stemmes Einstellung zu ihrem Sängerberuf sogar so etwas wie den Gegenentwurf zum Netrebko-Hype sehen: Wo die Russin mit langen Beinen und schöner, aber ausdrucksloser Stimme Erfolg hat, hält Stemme mit intensiver, völlig uneitler Darstellung und suggestiver Textgestaltung dagegen. Solche Qualitäten stehen dem Massenerfolg freilich im Weg: Da der schiere Wohlfühlklang bei Stemmes Rollenporträts eher sekundär ist, teilt sich ihre Persönlichkeit auf CD kaum mit. Ein gutes Beispiel ist da die gerade erschienene Strauss-CD der Schwedin: Sowohl ihre Salome wie die „Capriccio“- Gräfin bleiben seltsam charakterlos, Töne, die auf der Bühne strahlen, wirken nur noch hart. Man muss diese Frau leibhaftig erleben, und Strauss’ melancholiegeplagte Marschallin ist heute sowie am Donnerstag eine gute Gelegenheit, ihre Kraft als Gestalterin zu zeigen.

Jörg Königsdorf

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