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PAUKEN & Trompeten: Raritäten raten

Nun ist Wilhelm Friedemann Bach doch noch zu seinem Recht gekommen. Nachdem es lange so ausgesehen hatte, als ob er im Jahr seines 300.

Nun ist Wilhelm Friedemann Bach doch noch zu seinem Recht gekommen. Nachdem es lange so ausgesehen hatte, als ob er im Jahr seines 300. Geburtstags im Schatten prominenterer Jubilare bleiben würde, macht sich jetzt wenigstens die Akademie für Alte Musik für den ältesten Bachsohn stark. Gleich drei Mal spielen die Akademisten unter Leitung von Stephan Mai ab heute ein Programm, das einen Eindruck von diesem eigentümlichen Komponisten zwischen Barock und Frühklassik vermittelt und frischen damit im kleinen Saal des Konzerthauses ihre vor mehreren Jahren auf CD dokumentierte Kompetenz in Sachen Wilhelm Friedemann auf.

Während die Werke des 1784 in Berlin Verstorbenen im Konzertsaal nach wie vor Raritätenstatus haben, hat sich auf CD immerhin einiges getan: Da ist einmal die ausgezeichnete Reihe von PorträtCDs der Bach-Söhne des Freiburger Barockorchesters, in der eine Folge dem Ältesten gewidmet ist, daneben aber auch einige Einspielungen der hoch interessanten Clavierwerke. Vor einiger Zeit bereits hat etwa Robert Hill bei Naxos die zwölf Polonaisen, Wilhelm Friedemanns wichtigsten Zyklus, vorgelegt. Und gerade erst hat der rührige Carus-Verlag die erste Folge einer Gesamteinspielung mit Léon Berben, dem ehemaligen Cembalisten der Musica Antiqua Köln, auf den Markt gebracht – unter anderem mit einer sehr nach dem väterlichen Vorbild klingenden Ouvertüre, mit der der alternde Komponist, so der Booklettext, „auf den konservativen Musikgeschmack des Berliner Publikums zielte“. Nun, in dieser Hinsicht sind sich die Berliner Klassikfreunde offenbar bis heute treu geblieben – volle Häuser gibt’s in der Regel nur, wenn Altvertrautes auf dem Programm steht.

Insofern ist auch das Programm, mit dem die Junge Deutsche Philharmonie am Dienstag der Akademie für Alte Musik Konkurrenz macht, schon ziemlich wagemutig. Weder das neue Werk des Schweizer Post-Avantgardisten Beat Furrer, noch die schöne, aber herzlich unbekannte Sinfonietta Alexander von Zemlinskys noch Schönbergs „Verklärte Nacht“ dürften die Besucher in hellen Scharen in den großen Saal des Konzerthauses treiben. Von daher kann man es den Jungphilharmonikern nicht verdenken, dass sie mit Mozarts c-moll-Konzert wenigstens noch einen Köder für das Publikum auswerfen. Wollen mal hoffen, dass das hilft, zumal mit der Amerikanerin Angela Hewitt eine Pianistin am Flügel sitzt, die zwar international zu den Großen gerechnet wird, aber in Deutschland bisher nicht allzu oft zu hören war.

Jörg Königsdorf

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