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Wie viel man gibt, ist gar nicht so wichtig, meint Askill, sondern wie effektiv.

© dpa

Philosophie: „Gutes besser tun“ von William MacAskill: Gut machen, statt gut dünkeln

Spenden sind ja schön und gut. Aber wie hilft man eigentlich richtig? Das zeigt der Philosoph William MacAskill in seinem Buch „Gutes besser tun“.

Von Caroline Fetscher

Alle wollen gut sein. Ich bin ein guter Mensch! Ja, ich gebe, teile, schenke Zeit, und wenn das nicht geht, spende ich Geld. Anders als es das tägliche Grauen in den Nachrichten suggeriert, denkt ein gigantischer Teil der Menschheit empathisch und sozial. Millionen wollen Gutes tun. Im Jahr 2015, das ermittelten der Deutsche Spendenrat und die Marktforschungsgesellschaft GfK, haben allein die Deutschen private Spenden in der Höhe von 5,4 bis 5,6 Milliarden Euro für gute Zwecke gegeben.

Aber wie viel Gutes tun wir damit wirklich? Ein junger Philosoph an der Universität Oxford beantwortet diese Frage mit ebenso massiver Empathie wie rechnerisch kühlem Kopf. William MacAskill ist ein kleiner Star, ohne dass er es darauf anlegt. Er und seine Mitstreiter wollen „Gutes besser tun“, so der Titel seines Buchs.

MacAskill ist kein Bewohner des Elfenbeinturms, sondern ein kundiger Propagandist effektiven Tuns. Sein Buch ist auch keine Streitschrift, vielmehr ein Leitfaden für das, was Spike Lees Film „Do the Right Thing“ 1989 den Titel gab. Jeder, der hat, möge denen etwas geben, die nichts oder wenig haben. Mindestens zehn Prozent seines eigenen Einkommens. Aber richtig muss gegeben werden, sinnvoll, effektiv.

Den Fakten und nicht dem Herzen folgen

An den Anfang seines Leitfadens stellt der Autor eine der typischen, tragikomischen Geschichten des Scheiterns von gut gemeinter Hilfe. Anstelle der mühsam zu bedienenden Handpumpen für das Gewinnen von Wasser im ländlichen Afrika südlich der Sahara hatte eine Hilfsorganisation „play pumps“ vorgeschlagen und entwickelt. Die Spielzeug-Pumpen funktionierten zugleich als Karussell: Spielend konnten Kinder Wasser aus der Tiefe holen, indem sie in die Pedale traten. Begeisterung allenthalben, sogar der AOL-Chef engagierte sich für die Sache. Millionen flossen in die „play pumps“. Evaluierungen jedoch brachten ein Desaster zutage. Kinder verletzten sich beim Bedienen der Karussell-Pumpen, die Dinger gingen kaputt, Ersatzteile waren nicht aufzutreiben, und die Jungen und Mädchen verloren die Lust an dem Gerät, sodass sie mit Zwang oder Minilöhnen an die Tretmühle gebracht werden mussten.

Dieses und viele andere Projekte löschten MacAskill und seine Meta-Organisation „Giving what we can“ (www.givingwhatwecan.org/top-charities) aus ihren Empfehlungen oder nahmen sie gar nicht erst auf. Ins Unterholz ideologischer Kapitalismuskritik begeben sich MacAskill und seine Leute nicht, auch wenn ihre Motivation der Erkenntnis entspringt, dass Vermögen umverteilt, Gerechtigkeit hergestellt werden muss. Ihr wollt Milliarden geben? Dann gebt richtig. „Gehorchen Sie nicht der Stimme Ihres Herzens!”, heißt eines der Kapitel. Man folge nicht dem Foto mit dem hübschesten, großäugigen Kind in Afrika, sondern den Fakten.

Eine „brillante, energiegeladene Gebrauchsanweisung“

Richtig geben basiert auf komplexen Statistiken und wissenschaftlicher Erkenntnis. 100 Dollar an eine hocheffektive Organisation bewirken manchmal hundertmal mehr als 100 Dollar an ein nur äußerlich attraktives Projekt. Schulbücher für afrikanische Kinder, mehr Lehrer, bessere Schulbauten: All das war in einem Fall weniger effektiv für den Bildungserfolg von Kindern als kostengünstige Kuren gegen Darmparasiten, die dazu beitragen, dass Schüler weniger fehlten und konzentrierter lernten. „Entwurmung“ ist kein attraktives Wort im Spendenbusiness. Effektiv sind solche Kampagnen gleichwohl, erklärt MacAskill, und zwar um ein Vielfaches mehr als millionenschwere andere. Es kann mehr Wirkung haben, mit einer Organisation wie „Give Directly “ (www.givedirectly.org) direkt Bares an Arme zu geben, als über Riesenapparate wie Unicef.

Eine „brillante, energiegeladene Gebrauchsanweisung“ nennt der britische „Guardian“ das Buch, das glasklar darstellt, was den Lauf der Dinge ändern kann. Sweatshops? Ökonomisch nicht grundsätzlich schlecht. Hilfe nach Naturkatastrophen? Kann vergebens sein. Die Patenschaft für ein Kind in Eritrea? Beruhigt eventuell nur das Gewissen. Die Kunst der Gabe hat mehr mit Nachdenken und Information zu tun als mit sentimentaler Impulsivität. Das rückt William MacAskill in den Fokus seines Denkens.

William McAskill: Gutes besser tun: Wie wir mit effektivem Altruismus die Welt verändern können, A. d. Englischen von Stephan Gebauer, Ullstein Verlag, 288 S., 14,99 €.

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