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Seit 2018 leitet der amerikanische Star-Bariton Thomas Hampson die Schubert-Woche.

© Jimmy Donelan

Pierre Boulez Saal: Eine Woche für Franz Schubert

Der Bariton Thomas Hampson und der Pianist Wolfram Rieger eröffnen die Schubert-Woche im Berliner Pierre Boulez Saal mit einem berührenden Abend.

Das Konzert nimmt einen ungewöhnlichen Lauf. Es ist die Eröffnung einer neuen Schubert-Woche, der sechsten in Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Frühling, die Thomas Hampson im Pierre Boulez Saal kuratiert. „Schubert ist unsere Leitfigur, unsere Muse“, erklärt er im Interview mit dem Dramaturgen Philipp Brieler. 

Das Bild der deutschen Romantik steht obenan. Schubert wie sein Zeitgenosse Carl Loewe, der Meister der Ballade, heute aus dem öffentlichen Musikleben verschwunden ist, haben Heinrich Heine vertont. So gibt es „Du schönes Fischermädchen“ in zwei Versionen, die eine singspielartig mit Wortmalerei, die andere im Sechsachteltakt, der die Weite des Gefühls und versteckte Ironie einlässt. 

Mitfühlender Begleiter

Den ersten Abend gestaltet Thomas Hampson selbst, während die nächsten Tage andere Sängerinnen und Sänger, arrivierte und Nachwuchskräfte und einen Workshop vorsehen. Der begleitende Pianist Wolfram Rieger ist ein feiner Musiker, mitfühlend und mitgestaltend in Rhythmik und Dynamik. Seine Nachspiele lässt er gern leise verklingen, um das Lied in einem Moment der Spannung festzuhalten.

Die Stimme des 67-jährigen Hampson, der als Amerikas Sänger Nr. 1 gilt, wird nicht jünger. Aber sie klingt in diesem Konzert erholt, getragen von blendender Technik und Atemführung, so dass es an schönen baritonalen Tönen in gespannter Interpretation nicht fehlt. Man kann von einem gesanglichen Siegeszug sprechen. 

Was für eine erregende Kraft entfaltet sich im Fortissimo des Wortes „Freedom“! Ja, es bleibt nicht bei der Romantik des Fischermädchens. Vom Menschenbild in den Schubert-Liedern, darunter „Der Doppelgänger“ und „Ihr Bild“, geht es thematisch um die Freiheit des Menschen. „Die Gedanken sind frei“, wie es im „Lied des Gefangenen im Turm“ heißt, wird von Hampson im Wechsel zwischen Sarkasmus und lieblicher Lyrik interpretiert.

Hampsons Wissensdurst

Ein zweites Wunderhorn-Lied von Gustav Mahler, „Revelge“, das den sterbenden Soldaten beim Militärmarsch beobachtet, führt zu dem Kanonendonner „In Flandern Fields“ von Charles Ives, wo der Mohn blüht auf den Feldern. Schließlich vollenden der Lincoln-Text zum Tod Gefallener und die Freiheit sexueller Selbstbestimmung in der Poesie von Walt Whitman die Linie des Programms.

Die Komponisten sind Michael Daugherty und Leonard Bernstein. In der Vortragsfolge bestätigt sich der Wissensdurst Hampsons, den die „New York Times“ hervorgehoben hat. „Freiheit, darum geht es heute“, spricht der Sänger, und das höchst konzentrierte Publikum versteht, was er meint. 

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