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Kultur: Plötzlich Papa

„Vatertage“ überzeugt mit bajuwarischer Gelassenheit.

Alle Münchner, da ist sich Dina (Sarah Horváth) aus Bitterfeld sicher, schwimmen im Geld. 10 000 Euro müssten da mindestens drin sein und der Italienurlaub wäre gesichert. Also auf in die bayrische Landeshauptstadt, wo ihr Vater lebt, der die eigene Tochter nie kennengelernt hat und nun seinen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen soll. Dina ist gerade mal 17 und hat selbst schon einen Säugling im Arm. Aber Vater Basti (Sebastian Bezzel), der damit plötzlich nicht nur Papa, sondern auch Großvater ist, gehört nicht dem gut betuchten Münchner Mittelstand an, sondern verdingt sich als Rikschafahrer.

Als überzeugter Junggeselle mit regelmäßigem Damenbesuch schlawinert sich der 36Jährige unbekümmert durchs Leben, plumpst morgens in die Isar, trifft sich mit seinen Freunden zum Weißwurstfrühstück und spielt nach Feierabend in einer Blechblasband. Dass er plötzlich Verantwortung für andere übernehmen soll, schockiert den Bohemien zutiefst. Dass er Dina und auch das süße Baby mit der Zeit lieb gewinnt, ahnt man, so wie man vieles ahnt in Ingo Raspers „Vatertage“. Aber auch wenn die Story des Mannes, der sich über Jahrzehnte hinweg dem Erwachsenwerden verweigerte und angesichts der Nachkommenschaft sein Leben umkrempeln muss, in ihren Grundzügen recht übersichtlich erscheint, überzeugt diese Komödie durch ihre entspannte Art.

Das hat viel mit dem Milieu zu tun, das Rasper ohne Anspruch auf soziale Authentizität entwirft. Hier regiert nicht die überspannte Schickeria, die seit „Rossini“ im deutschen Kino das Bild von München bestimmt, sondern ein Alternativvolk, das in den Tag hinein leben darf. Natürlich ist das ein in spätsommerlichem Licht idealisiertes Bild des Münchner „savoir vivre“, das dem Film aber seine eigene Atmosphäre bajuwarischer Gelassenheit verleiht. Dazu gehört auch das durchaus charmante Plädoyer für die frei gewählten Strukturen der Patchworkfamilie, das sich aus den Wirren um mögliche und unmögliche, wahre und falsche Vaterschaften organisch entwickelt. Martin Schwickert

Cinemaxx Potsdamer Platz, Cubix Alexanderplatz, Colosseum

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