zum Hauptinhalt

Kultur: Polski Jazz: Die beste polnische Lyrik und der beste polnische Jazz auf der Frankfurter Buchmesse

Soviel Messeglück war nie - zumindest rhetorisch. Lorenzo A.

Von Gregor Dotzauer

Soviel Messeglück war nie - zumindest rhetorisch. Lorenzo A. Rudolf, der neue Chef des Frankfurter Bücherwahnsinns, muss nach seinen Hymnen auf das Gastland Polen nur aufpassen, dass für Griechenland im nächsten Jahr noch ein paar Superlative übrig bleiben. Polen, sagt er, sei der erfolgreichste Länderschwerpunkt gewesen, den es je gegeben habe: ein "intellektuelles und emotionales Highlight". Darauf steuerte schon die Kaffeestandsmeldung zur Halbzeit zu: 2000 Tassen täglich allein in Halle 3! Viel besser konnte es nicht kommen. Die Literatur hatte mit Andrzej Stasiuk ("Die Welt hinter Dukla"), Antoni Libera ("Madame") und Olga Tokarczuk ("Ur und andere Zeiten") ihre Helden. Und was sich auf dem polnischen Buchmarkt sonst noch tut, möchte man hier zu Lande lieber nicht so genau wissen. Vertrieb und Buchhandel sollen in einem miserablen Zustand sein. Und die Verlage, heißt es, verstünden sich nicht auf das ausländische Lizenzgeschäft. Exportstark ist Polen vor allem mit Putzfrauen und Jazz.

Polen war immer das Jazzland Nummer eins in Osteuropa - und ist es, wie am Rand der Messe unter anderem zwei Altstars bewiesen, der Trompeter Tomasz Stanko und der Altsaxophonist Zbigniew Namyslowski, noch immer: mit Musikern um Mitte zwanzig, die auf jeder Bühne dieser Welt bestehen können. Jazzmusiker waren die kulturellen Botschafter zwischen den Nachbarländern, noch bevor sich Joachim-Ernst Berendt 1967 als Produzent daran machte, auf dem Album "Unsere süße europäische Heimat" die beste polnische Lyrik und den besten polnischen Jazz zu vereinen. Seitdem die Gebrüder Mangelsdorff Ende der fünfziger Jahre Kontakte nach Warschau und Krakau knüpften, ist ein dauerhafter Austausch entstanden, der eine Vielzahl erstklassiger polnischer Musiker sogar für immer nach Deutschland verschlagen hat. Über allen liegt der Schatten einer Jahrhundertfigur, deren Einfluss noch 31 Jahre nach ihrem frühen Tod fortwirkt. Der Pianist Krzysztof Komeda, der im amerikanischen Exil durch seine Zusammenarbeit mit Roman Polanski ein weltberühmter Filmkomponist wurde, steht auch auf Stankos jüngsten Platten im Mittelpunkt - als Komponist. Als Pianisten erlebt man ihm am besten auf seinem 1965 mit Stanko und Namyslowski aufgenommenen Album "Astigmatic" (mit dem Frankfurter Günter Lenz am Bass). Ein Meilenstein des modernen europäischen Jazz. Die Griechen werden noch eine Menge üben müssen, bevor man ihnen ähnlich vielseitige Talente nachsagt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false