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Pop: Der Sommer der Liebe währt ewig

Rückkehr des Psychedelic-Rock: Das Konzert von Brian Jonestown Massacre im Berliner Columbia-Club.

Ganz links am Bühnenrand hat er sich versteckt: Anton Newcombe, der Mann, der so gerne eine harte Nudel wäre und sich als Reinkarnation von Brian Jones versteht, dem verstorbenen Rolling-Stones-Gitarristen. Jones gab zusammen mit dem Massenselbstmord von Jonestown den Namen für Anton Newcombes Band The Brian Jonestown Massacre. Die wird seit Mitte der neunziger Jahre als Hoffnungsträger der Rockmusik gehandelt und genießt den zweifelhaften Ruf, eine Ansammlung von drogenabhängigen Wirrköpfen zu sein. Schön zu sehen ist das in dem Film „Dig!“, der die Rivalität der Band mit den Kollegen von den Dandy Warhols thematisiert und Newcombe als exzentrischen Knallkopf darstellt, der im Drogenrausch seine Mitmusiker von der Bühne prügelt.

Tatsächlich hat der Mann in 20 Jahren über 50 Musiker verschlissen, um die psychedelische Musik auf einen neuen Stand zu bringen. Mit „Aufheben“ liegt gerade der neueste Bericht über den Verlauf dieser Versuchsreihe vor. Ein tolles Album, das in Berlin aufgenommen wurde und trotz einiger verquaster mystischer Spuren vergleichsweise harmonisch klingt.

Wie angenehm es ist, angekommen zu sein bei der vereinfachten Form der Dinge, die den Stein ins Rollen brachten, zeigt sich beim Auftritt von Brian Jonestown Massacre im ausverkauften Columbia-Club. Die Band aus San Francisco rollt einen freischwebenden Soundteppich aus. Sanft bohrt sich dieser Sound in die Blutgefäße. Dabei zitiert die Band alles, was es an drogenumnebelten Großtaten von Velvet Underground bis Spacemen 3 gegeben hat, inklusive tonnenschwerer Gitarrenfeedbacks. Die acht Musiker haben ein Gespür dafür, dass das Summer-of-Love-mäßige Abheben einerseits so einfach nicht mehr geht. Andererseits sind sie eigensinnig genug, sich ihr Ding nicht vom trüben Argument des Anachronismus ausreden zu lassen.

Nach knapp zwei Stunden endet das Konzert mit einer irren Mash-up-Version von „Shut Up & Down“, ein Stück, das das „Woo Woo“ aus „Sympathy For The Devil“ mit dem „Nanana“ aus „Hey Jude“ zusammenbringt. Ob das die Zukunft des Rock ’n’ Roll sein soll, wen kümmert das schon groß? Die sechziger Jahre vergehen nie. Volker Lüke

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