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Torrini

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HIT Parade: Emilíana Torrini: Eruption eines Popvulkans

Ein Song wie eine Hitzewellenbekanntschaft: kurz, heftig, folgenlos. Zurück bleibt ein Lächeln. Emilíana Torrini ist diese Woche auf Platz 1 mit: "Jungle Drum".

Ausgerechnet Unterwäsche. Ein größerer Gegensatz zu Emilíana Torrini ist auf den ersten Blick kaum vorstellbar. Doch verdankt sie gerade diesem Umstand wohl ihren Erfolg in Deutschland. Torrinis Song „Jungle Drum“ lief in der Fernsehshow „Germany’s Next Topmodel“ zum, wie es heißt, „Live-Walk“, bei dem die Kandidatinnen Dessous vorführten. In „Jungle Drum“ erzählt Torrini, ihr Herz schlage vor Verliebtheit wie eine Buschtrommel. Im Refrain imitiert sie eine solche: mädchenhaft-wild klingt das, wie sie ihr „Burubummbummbumm“ gegen den Takt prallen lässt, ungestüm und leidenschaftlich. Daraus ergab sich ein schöner Kontrast: zwischen dem Klumschen Hochamt der Künstlichkeit und einer Sängerin, die sich inszeniert wie ein naturbelassenes Blumenkind, von dem man annehmen könnte, dass es sich nicht unter den Armen rasiert.

Gerade mal zwei Minuten, 14 Sekunden dauert die Eruption dieses kleinen Popvulkans. Ein Song wie eine Hitzewellenbekanntschaft: kurz, heftig, folgenlos. Zurück bleibt ein Lächeln. Und vielleicht etwas Aufmerksamkeit für Emilíana Torrini, die alles andere ist als ein Glamour Girl für den schnellen Verbrauch. Im Gegenteil, sie ist so sehr ernsthafte Musikerin, dass sie sich schon in einem Video träumend auf ein Mischpult legte, dessen Schieberegler auf und ab tanzten.

Torrini, 32, ist Tochter eines nach Island ausgewanderten Italieners und einer isländischen Mutter. Mit vollem Namen heißt sie Emilíana Torrini Davíðsdóttir. Sie wuchs im Restaurant ihres Vaters in Reykjavík auf, hatte seit dem siebten Lebensjahr Gesangsunterricht, besuchte sogar das Konservatorium. Torrini nahm mit der isländischen Band Gus Gus auf, ihre Stimme schmiegte sich an die Dub-Beats der Thievery Corporation, sie komponierte für Kylie Minogue, sang im Soundtrack zu „Herr der Ringe“. Doch am bemerkenswertesten ist ihr Reifeprozess als Songschreiberin.

Aus der gefälligen Lounge-Elektronik ihres Debüt-Albums „Love In The Times Of Science“ (1999) ist ein handgemachter, warmer, man könnte sagen: nackter Sound geworden. Den schafft sie alleine mit Stimme und Gitarre oder in vollinstrumentalisierten Stücken wie dem hippiemäßigen „Gun“, das von der erotischen Anziehungskraft einer Waffe erzählt. Diese Songs benötigen keine Staffage. Auch keine Reizwäsche, die ja bekanntlich umso besser funktioniert, desto weniger sie offenbart. Auf „Me and Armini“, Torrinis letzten Herbst erschienenem Album, harren noch einige Köstlichkeiten ihrer Entdeckung. 

Ralph Geisenhanslüke

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