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Musikfestival: Wolferl in Wuxi

Musik fürs Global Village: Morgen beginnt das Berliner Young Euro Classic-Festival.

Mit dem Young Euro Classic-Festival verhält es sich wie mit Butter Lindner: Längst ist mehr drin als draufsteht. Wie man bei der Berliner Feinkost-Kette neben dem von Hand portionierten Brotaufstrich auch Spezialitäten aus aller Herren Länder bekommt, spielen beim sommerliche Jugendorchestertreffen im Konzerthaus am Gendarmenmarkt nicht nur Ensembles aus Old Europe. Die achte Ausgabe des im Jahr 2000 auf Privatinitiative gegründeten Musikfests eröffnet an diesem Freitag das Australian Youth Orchestra. Damit ist nun auch der fünfte Kontinent vertreten – und Young Euro Classic darf sich wahrlich weltumspannend fühlen.

Seit mehreren Jahren wird das Team um Gabriele Minz von nationalen Nachwuchsensembles geradezu bestürmt, die unbedingt bei dem für sein neugieriges Publikum und die gute Stimmung im Saal berühmten Festival mitmachen wollen. Neben Australien haben diesmal auch Polen, Spanien, Italien, Großbritannien, China, Ungarn, Armenien, Slowenien und der Oman den Zuschlag erhalten. Außerdem sind das Bundesjugendorchester, sowie das „Central European Initiative Youth Orchestra“ aus dem erweiterten Balkanraum, das „World Youth Orchestra“ und das „European Union Youth Orchestra“ dabei.

Young Euro Classic rollt seinem Publikum den blauen Teppich aus. Wer die große Freitreppe des Schinkelschen Musentempels hinaufsteigen und zwischen antikisierenden Säulen das Konzerthaus betreten will, wird vom 4. bis 20. August nicht mit dem Argument zum Bediensteteneingang im Sockelgeschoss geschickt, man habe nicht genug Personal, um die oberen Türen zu öffnen. Dafür dauert alles etwas länger. Eiligen wird das verbale Vorspiel beim Jugendorchestertreffen denn auch oft zu lang, wenn die prominenten Paten der Ensembles ihre begrüßenden Worte sprechen.

Mag der Weg zum Genuss auch etwas mühsam sein, Unverwechselbarkeit ist jedenfalls in beiden Fällen garantiert. Und wird honoriert: Im Fall von Young Euro Classic zum Beispiel jüngst durch eine Förderzusage des Hauptstadtkulturfonds für die kommenden drei Jahre. Oder auch durch eine Einladung ans andere Ende der Welt: Das jährliche Kooperationsprojekt, bei dem zwei Teilnehmer in Berlin ein gemeinsames Konzertprogramm erarbeiten, funktionierte 2006 unter der Leitung von Muhai Tang mit dem Konservatorium von Shanghai so gut, dass man sich einerseits entschloss, die Chinesen noch einmal einzuladen, und andererseits das Ergebnis nicht nur in Berlin, sondern auch 5000 Kilometer weiter östlich vorzuführen. Kaum waren die Kontakte geknüpft, entwickelte sich der ehrgeizige Plan auch schon mit der Geschwindigkeit der chinesischen Volkswirtschaft, der Pharmakonzern Lanxess konnte als potenter Sponsor gefunden werden, weitere Städte kamen hinzu. Schließlich sprang auch noch die Bundesregierung auf und übertrug dem politisch so perfekt korrekten Young Euro Classic-Festivalorchester die ehrenvolle Aufgabe, das Programm einer offiziellen Deutschland-Präsentation in China zu eröffnen. Vom 21. bis 29. August werden Musikstudenten aus Shanghai mit ihren Kollegen von der Jungen Deutschen Philharmonie in Quingdao, Nanjing, Wuxi, Shanghai, Beijing und Tianjin spielen, einmal sogar open air vor 20 000 Zuhörern.

Auch das Programm des Doppelorchesters, das am 18. August im Konzerthaus erstmals erklingen wird, ist ein diplomatisches Meisterstück: Dirigent und Solist entstammen dem Reich der Mitte, bei je einem deutschen und chinesischen Komponisten wurden neue Werke bestellt, als Exportschlager gibt’s ein Mozart-Klavierkonzert sowie Brahms’ erste Sinfonie.

Konzerthaus, 3. – 20. August, jeweils 20 Uhr, Tickets auf allen Plätzen 12 Euro. Infos unter: www.young-euro-classic.de

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