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Rudolph Moshammer

© ddp

Oper: Moshammers Leben in Berlin auf der Bühne

Die Kunstfigur Rudolph Moshammer hat auch nach ihrem gewaltsamen Tod nichts an Strahlkraft eingebüßt. Nächsten Donnerstag wird in Berlin-Neukölln die "Moshammeroper" uraufgeführt - Fans des Mode-Zaren sollten nicht auf allzu viel Nostalgie hoffen.

Fast drei Jahre nach dem Tod des Modeschöpfers und Münchner Originals Rudolph Moshammer bewegt sein Schicksal immer noch die Menschen. "Das Interesse ist riesig", sagt Autor Ralph Hammerthaler über die "Moshammeroper", die am 23. August in der Neuköllner Oper in Berlin uraufgeführt wird. Mit der Musik zum Libretto von Hammerthaler hatte der niederländische Komponist Bruno Nelissen im vergangenen Jahr den Berliner Opernpreis gewonnen. Ein gemütlich-nostalgisches Wiedersehen sollten Moshammer-Fans im Berliner "Problembezirk" aber nicht erwarten. "Wir wollen das Klischeebild, das Illustrierte uns vorgekaut und vorgelogen haben, ein bisschen aufbrechen und eine Rückseite zeigen, die sehr viel mit Angst vor Einsamkeit und Liebesbedürftigkeit zu tun hat", erklärt der Librettist.

Von der schillernden Kunstfigur mit ondulierter Perücke und Fantasiekostüm war in der Nacht zum 14. Januar 2005 tatsächlich nicht mehr viel übrig. Der 64-jährige Moshammer war im Streit um sexuelle Dienste von einem knapp 40 Jahre jüngeren Mann aus dem Strichermilieu in seiner Grünwalder Villa erdrosselt worden. Der Täter wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

Inszenatorische Freiheit

Auch wenn die "Moshammeroper" bis in die Kindheit des Modeschöpfers mit den Schlägen des stets betrunkenen Vaters zurückreicht und am Schluss der Mörder die Bühne betritt, will Autor Hammerthaler nicht von einem chronologischen oder gar biografischen Werk sprechen. Die Kammeroper, die bis 15. September zu sehen ist, nehme sich jede Freiheit, auch erfundene Szenen zu zeigen und Abläufe wild durcheinander zu werfen.

"Spätestens in der dritten Szene wird das Publikum aufgeben, logische Entwicklungsmuster zu verfolgen", prophezeit der Regisseur Robert Lehmeier. Auch die "hochartifizielle Musik" des Komponisten könne ungeübte Operngänger zunächst verwirren. Die künstlerische Verfremdung ist seiner Meinung nach aber nötig, um "schädliche" Imitation zu vermeiden. "Sobald man anfängt, biografische Linien nachzuerzählen, wird es entweder Kitsch oder Betroffenheit oder Veralberung." Die Gesangsform schaffe hingegen eine Distanz und eröffne eine "neue Sicht auf das mir scheinbar Bekannte".

Ludwig statt Rudolph

So heißt die Hauptfigur in der Oper denn auch nicht Rudolph, sondern Ludwig und wird im Gegensatz zu einem Anfang des Jahres in München aufgeführten Musical nicht mit Perücke und Fantasieuniform ausstaffiert. Stattdessen stolziert der im Vergleich zu Moshammer fast nur halb so alte und schwere Sänger Hubert Wild während der Probe in einem giftgrünen Jacket über einen mit rotem Teppich ausgelegten Laufsteg. Der windet sich von der Bühne vorbei an Streichquartett und Trompeter durch den zur Uraufführung bereits ausverkauften Zuschauerraum und soll den stets öffentlichen Charakter des Selbstdarstellers Moshammer unterstreichen.

Über diese künstlerische Freiheit wollen die Macher an den Kern der Figur Moshammer rühren. "In der Oper erzählen wir in der Tat eine Erfolgsstory", sagt der Autor. Moshammer habe ohne besondere Fähigkeiten und ohne das Schneiderhandwerk gelernt zu haben aus sich heraus eine Kunstfigur geschaffen.

Wie ein Monolith

Die pompöse Inszenierung mit der verschwiegenen, obgleich allseits bekannten Homosexualität Moshammers sowie der unseligen Abhängigkeit zwischen ihm und der Klatschpresse, war nach Ansicht des Regisseurs in dieser Form nur in München möglich.

Die Anziehungskraft Moshammers hingegen sei universell. "Madonna oder Paris Hilton müssen sich alle zwei Wochen neu erfinden. Er war hingegen 30 Jahre lang wie ein Monolith: die Locke, der Hund und Mutti", meint Lehmeier. Diese "schamlose Zurschaustellung" rühre an ein "Potenzial an Sehnsucht in jedem: Das ist wie ein Unfall, bei dem ich nicht wegschauen kann". (mit ddp)

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