zum Hauptinhalt
Fordern dazu auf, die eigene Stadt zu verbrennen.

© Rough Trade

The Chapman Family – Burn your town: Im Norden nichts Neues

Mit großer Geste tritt die Chapman Familie auf ihrem Debütalbum an, um berühmt zu werden und damit endgültig dem Mief ihrer nordenglischen Kleinstadt zu entfliehen. Die Probleme: Der Mief, die Kleinstadt und das Album. 

Ihren Namen haben sie von Lennon Mörder Mark David Chapman entliehen. Die Begründung: Die Beatles wären schon immer überschätzt worden. Damit aber nicht genug: Bands wie Mumford & Sons gehen auch nicht, weil die Welt viel dunkler und brutaler ist, als die niedlichen Jungs mit den Akustikgitarren. Überhaupt wird die gesamte Musikszene immer öder und biederer. Deshalb ist es jetzt Zeit für die Chapman Family - meint zumindest Sänger und Frontmann Kingsley.  Aus der Ferne betrachtet schaut all das nach einer ernsthaften narzisstischen Störung aus. Da hat es einer mal so richtig nötig. Aber gut, viele tolle Künstler sind aus diesem Holz geschnitzt und postpubertärer Quatsch hat noch keine talentierte Band davon abgehalten, eine gute Platte zu machen. Die Chapmans gehen mit viel Druck an die Sache heran. Die Gitarren dröhnen, die Becken scheppern was das Zeug hält und darüber klagt Kingleys dramatischer Bariton. Insgesamt vermitteln die zehn Stücke des Albums einen äußerst kompakten Eindruck. Die kompositorischen Mittel bleiben aber leider begrenzt und auch die Produktion holt nicht viel aus den durchschnittlichen Songs heraus. Die Editors haben das schon etwas ruhiger aber dafür auch etwas besser hinbekommen. Killing Joke waren im selben Metier deutlich origineller.

Trotz aller Wucht und ihrer Fähigkeit als Band gut zu harmonieren, bleibt die Chapman Family hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück. Auf Albumlänge hinterlassen die Jungs einen schalen Nachgeschmack. Langeweile kommt trotz all des Lärms auf. Zu gleich klingen die Songs. Zu oft hat man Ähnliches schon gehört. In der Provinz kommt solch „handgemachter“, „kompromissloser“ Rock sicher gut an und auch auf so manchem Festival mag diese Art von Musik funktionieren. Für den großen Sprung reicht es aber wahrscheinlich nicht. Dafür müsste die Band den Horizont ihrer Kunst erweitern und vielleicht auch eine originellere Produktion zulassen. Wie man so etwas hinbekommt, kann man sich übrigens hervorragend von den völlig überschätzten Beatles abschauen. Die kamen auch aus der Provinz.

Ebenfalls neu auf Vinyl:

Völlig zeitlos sind die Songs von Spaceman Spiff aus Würzburg. Zeitlos wirken die Stücke auf „und im fenster immer noch wetter“ vor allem deshalb, weil der Songwriter aus der Zeit vor Tocotronic und Blumfeld zu kommen scheint. Über weite Strecken klingt das Album eher nach der biederen Songwriterkunst der deutschen 80er Jahre als nach Heute. Leicht rührend ist das. Die eine oder andere nette Textidee zieht vorbei, bleibt aber selten haften.
Man möchte diese Leute mit ihren Wandergitarren ja gern haben, nur gibt es von ihnen im Moment einfach viel zu viele.

Martin Väterlein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false