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Elizabeth (Anna Maria Mühe) und Miss Bingley (Birthe Wolter) werden niemals Freundinnen.

© Franziska Strauss

Premiere von „Stolz und Vorurteil * oder so“: Anna Maria Mühes Theaterdebüt am Potsdamer Platz

Die Komödie am Kudamm zeigt im Theater am Potsdamer Platz eine gelungene Inszenierung von „Stolz und Vorurteil *oder so“. In England war Isobel McArthurs Komödie ein großer Hit.

Fehlt nur noch der rote Teppich fürs Berlinale-Gefühl. Vor dem Theater am Potsdamer Platz stauen sich die Massen, Fotograf*innen blitzen Prominenten ins Gesicht, es liegen sogar Kostüme aus, mit denen sich jede*r mal fein machen darf. Und drinnen: Ein Meer von fliederfarbenen Luftballons, Sektlaune, Kammerorchesterswing.

Okay, als Steven Spielberg im Februar an gleicher Stelle einen Ehrenbären in Empfang genommen hat, war es noch voller. Aber die Komödie am Kurfürstendamm – die jetzt interimsweise die „Komödie am Kurfürstendamm im Theater am Potsdamer Platz“ ist – hat sich wirklich ins Zeug gelegt, um aus der ersten Premiere am neuen Spielort ein Ereignis zu machen. Was im sehr gut gefüllten Saal mit seinen 1700 Plätzen auch gleich spürbar wird.

„Herzlich willkommen, Berlin!“, schallt es einem popkonzertmunter entgegen, und dann lassen fünf Schauspielerinnen es krachen zu Blondies „One Way Or Another“. Eine davon ist übrigens Anna Maria Mühe, die zum ersten Mal auf einer Theaterbühne steht und die sicher ihren Anteil am überschäumenden Wuhlheide-Flair der Veranstaltung hat.

Fachbezeichnung Dienstmädchen

Gegeben wird streng genommen zwar kein Konzert, sondern die Komödie Stück „Stolz und Vorurteil *oder so“ von Isobel McArthur, aber die Grenzen sind fließend. Das Sternchen-Stück war in England schon ein großer Hit und dürfte diese Erfolgsgeschichte auch in Berlin fortsetzen. Gegen Ende, wenn Cyndi Laupers Song „Time After Time“ seinen Edelschnulzentau über die Reihen senkt, schwenken nicht wenige ihre Handytaschenlampen, das Ganze mündet in Standing Ovations, und rhythmisch geklatscht wird sowieso.

Isobel McArthurs Grundidee ist von simpler Schlagkraft: Das Personal, das in keiner historischen Erzählung aus den besseren Kreisen fehlen darf, aber nie im Rampenlicht steht, erobert die erste Reihe – weibliche Hausangestellte. Fünf Frauen (gespielt von Johanna Asch, Mackie Heilmann, Nadine Schori, Birthe Wolter und eben Mühe) erzählen Janes Austens Bestseller „Stolz und Vorurteil“ aus ihrer Perspektive, performen annähernd sämtliche Rollen des Romans und illustrieren markante Stellen mit Popsongs. Gut, eigentlich ist es bald ziemlich egal, ob einfach fünf Schauspielerinnen die Bennets, Bingley, Darcy & Co spielen. Oder ob es fünf Schauspielerinnen sind, die Dienstmädchen spielen, die alle Figuren verkörpern. Gehupft wie gesprungen.

„Stolz und Vorurteil *oder so“ segelt ironisch durch eine Geschichte, die zu ihrer Zeit, also zu Beginn des 19. Jahrhunderts, genau das auch schon war. Nur sind jetzt eben mehr zeitgenössische Scherze eingestreut (ein Ananas-Igel hat bei einer Party im Hause Bingley einen großen Auftritt). Und das Geschlechterbild wird natürlich munter verwirbelt (aber klischeefrei ist es auch nicht).

Endlich Blockflöten

McArthur rafft und strafft den verzweigten Plot. Wobei das das Länglichkeitsgefühl an diesem fast dreistündigen Abend (inszeniert von Christopher Tölle) bisweilen trotzdem den Rockschößen entspricht, die Bühnen- und Kostümbildnerin Heike Seidler entworfen hat. Gut, die Love-Story zwischen Elizabeth Bennet (Mühe) und Fitzwilliam Darcy (Schori), die einander erst nicht ausstehen können, dann aber doch, bleibt erhalten und funktioniert, nimmt jedoch nicht allen Raum ein. Anna Maria Mühe hat sich für ihr Theaterdebüt mutmaßlich absichtsvoll eine Produktion ausgesucht, bei der sie nicht so sehr im Fokus steht, sondern gleichberechtigt neben vier anderen Spielerinnen, die auch alle Power und Witz haben.

Also, die Frauen reißen es raus, und so ist der Abend ja auch gedacht. Schöne Momente gibt es, zum Beispiel eine schräge Blockflöten-Nummer zu Chris de Burghs „Lady in Red“. Sehr gelungen. Oder so.

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