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Kultur: Rein in die Sandalen

„Gladiator“, „Troja“ und „300“ beweisen es: Der Antikfilm lebt. Und ist dabei ganz schön stereotyp.

„Gladiator“, „Troja“ und „300“ beweisen es: Der Antikfilm lebt. Und ist dabei ganz schön stereotyp. Zum Beispiel kommt er nie ohne Massenszenen aus. Bloß warum? Standen damals mehr Menschen auf öffentlichen Plätzen herum? Gern auch setzen seine Regisseure aufs opulente Bild. Bloß warum? Könnte man nicht mal das alte Rom oder Athen à la Dogma präsentieren – oder als Kammerspiel?

Zwei der bedeutendsten Filmemacher überhaupt, die Italiener Pier Paolo Pasolini und Federico Fellini, haben sich um den anderen Blick bemüht. Pasolini hatte bereits Jesus und Ödipus unspektakulär als einfache Leute von nebenan dargestellt, als er sich 1969 an Medea wagte (Sonnabend und Sonntag im Lichtblick). Die Hauptrolle übertrug er nicht wie bisher Laien oder unbekannten Profis, sondern Maria Callas. Von deren Aura ließ er sich nicht einschüchtern, schließlich waren die beiden eng befreundet. Nur die Opern-Fans und Anhänger des Starkinos waren enttäuscht: „Medea“ erzählt sperrig, ja: zäh vom Konflikt zwischen Vernunft und Leidenschaft.

1970 begann er die „Trilogie des Lebens“: Episodenfilme nach Boccaccio, Chaucer und den Märchen aus 1001 Nacht. Gleich der erste Beitrag, Decameron , wurde als Konzession an die damalige Sexwelle interpretiert (Montag bis Mittwoch im Lichtblick). Dabei wird nackte Haut von Pasolini nicht als Ware angepriesen, im Gegenteil; um in sein Ensemble aufgenommen zu werden, musste man Zahnlücken und Pickel vorweisen. Nacktheit war für ihn Ausdruck von Ehrlichkeit. Der Marxist in ihm war weiterhin lebendig, analysierte Habgier, religiöse Heuchelei und die zerstörerische Ausbeutung – nur tat er das mittlerweile beiläufig und spielerisch. Sich selbst übertrug Pasolini die Rolle des Malers Giotto, der 1334 den Bau des Florenzer Doms beaufsichtigt.

Mit deutlich höherem Aufwand, aber genauso derb erweckte Fellini das alte Rom zum Leben. Fellinis Satyricon entstand 1968 nach dem Romanfragment von Petronius (Freitag bis Montag im Regenbogenkino am Görlitzer Bahnhof). In radikaler Abkehr von seinen bisherigen Themen – Identitätskrisen in der High Society – sang er jetzt ein Hohelied auf die sexuell befreite Jugend. Den Hauptdarsteller hatte er nicht zufällig aus dem Ensemble von „Hair“ rekrutiert. Trotz der Ausschweifungen und vereinzelter Grausamkeiten: Fellinis Blick auf die fernen Vorfahren ist so fast liebevoll geraten.

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