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REQUIEM FÜR DEN VATERJosef Winkler liest aus „Roppongi“: Ackermann aus Kärnten

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, heißt es in Paul Celans berühmtestem Gedicht. Aber der literarische Meister des Todes stammt zweifellos aus Österreich.

Von Gregor Dotzauer

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, heißt es in Paul Celans berühmtestem Gedicht. Aber der literarische Meister des Todes stammt zweifellos aus Österreich. Kein zeitgenössischer Autor hat sich so obsessiv mit dem Sterben auseinandergesetzt wie der Kärntner Josef Winkler aus dem Dorf Kamering – gleich, ob er über die erdrückende Enge des väterlichen Bauernhofs schrieb, nach Rom reiste oder in Indien Einäscherungsrituale verfolgte. In einem guten Dutzend Bücher hat er, bis hin zur Nekrophilie, immer wieder nur das Verblühen und Vergehen und Vernichten entdeckt und daraus eine eigene Lebenswut gewonnen. Kein zeitgenössischer Autor hat sich so sehr auch am Vater gerieben wie er.

In seinem jüngsten Buch „Roppongi“ kommen beide Themenkreise zusammen, als Winkler in Tokio vom Tod seines 99-jährigen Vaters Jakob erfährt und ohne Bedauern feststellen muss, dass er es zum Begräbnis gar nicht mehr rechtzeitig schafft. Das aus der Ferne angestimmte „Requiem für einen Vater“ bringt alles zusammen, was Winklers großartige Düsternis ausmacht. „Wenn du nicht in einem Leichentuch lebst, kannst du nicht schreiben, du brauchst das Unglück, um dich überhaupt ausdrücken zu können!“, heißt es einmal. „Du bist der Lebende, über den Tod schreibende Leichnam! habe ich einmal geschrieben. Vater, dir leb ich, Vater, dir sterb ich!“ Durchdrungen vom Katholizismus seiner Kindheit und den schwulen Passionen seiner Vorbilder Jean Genet und Hans Henny Jahnn schafft er ein unverwechselbares Gewebe. Ursula März stellt es jetzt zusammen mit dem Autor vor. Gregor Dotzauer

Literarisches Colloquium

Berlin, Mo 17.12., 20 Uhr, 6 €

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