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Kultur: Rodeo und Julia

Malakhov eröffnet die Berliner Ballettsaison

Von Sandra Luzina

Das Schöne und das Gute haben sich für einen Abend verschwistert. Mit einer festlichen Gala in der Berliner Staatsoper läutet Vladimir Malakhov die neue Spielzeit des Staatsballetts ein. Der Tanz ist nicht nur eine Feier von Anmut und Eleganz, er dient diesmal auch einem guten Zweck: Zehn Euro pro Eintrittskarte fließen an den Verein Achse, in dem sich Selbsthilfegruppen zum Kampf gegen seltene chronische Krankheiten zusammengeschlossen haben. Schirmherrin der Benefiz-Veranstaltung ist Eva Luise Köhler, die Frau des Bundespräsidenten, die sich in ihrer Begrüßung als Ballettfan outet.

Die Tänzer präsentieren sich an diesem Abend in Hochform: Überschäumende Tanzlust verbindet sich mit atemberaubender Perfektion. Die spannende Frage aber ist: Wer mit wem? Für die Gala wurden vor allem berühmte Pas de deux ausgewählt; große Liebespaare der Literatur- und Ballettgeschichte vereinen sich im Rendezvous, Romeo himmelt seine Julia an, die Schwanenkönigin zittert und bebt in den Armen ihres Prinzen, Manon und Des Grieux erleben einen kurzen Rausch, und Proust versucht die flüchtige Albertine zu domestizieren. Geliebt und gelitten wird in neuen Konstellationen. Denn Malakhov hat sich einige Gaststars eingeladen: die Ersten Solisten Gillian Murphy (New York), Lucia Lacarra und Cyril Pierre (München) sowie Friedemann Vogel (Stuttgart). Obgleich Darsteller von unterschiedlichem Temperament, tanzen sie alle superb – und sind auch einer kurzfristigen Verbindung mit einem der Berliner Tanzstars nicht abgeneigt. Die ätherische Lucia Lacarra findet in Wieslaw Dudek einen perfekten Partner beim Adagio aus dem zweiten Akt von „Schwanensee“. Dudek hat gerade den Sprung in die Erste-Solisten-Riege des Staatsballetts geschafft. Ein bewährtes Gespann sind Beatrice Knop und Ronald Savkovic: Sie entfachen die Glut zu einem Fado-Song von Mariza. Das Traumpaar des Abends aber heißt: Polina Semionova und Friedemann Vogel. Sie ist der Berliner Darling, er der strahlende Prinz des Stuttgarter Balletts. Beide sind überragende Tänzer und große Darsteller – was sie in ihrer Interpretation der bewegenden Balkonszene aus Crankos „Romeo und Julia“ unter Beweis stellen. Zum Dahinschmelzen.

Von Höhepunkt zu Höhepunkt eilen die gut aufgelegten Tänzer. Und der Abend zeigt beides: Prinzen und Paraden. Rodeo und Julia. Unter den jungen Talenten ragen Iana Salenko und Marian Walter heraus, die den diffizilen Pas de deux aus „Le Corsaire“ mit Bravour tanzen. Ein Paradestück ist auch Balanchines „Stars and Stripes“. Das patriotische Ballett spielt auf Paraden zum amerikanischen Unabhängigkeitstag an und wird von Corinne Verdeil und Rainer Krenstetter hübsch keck interpretiert.

Malakhov selbst bleibt seine berühmte Elevation an diesem Abend zwar schuldig. Doch er beeindruckt in seinem Solo zur Händel-Arie „Lascia ch’io pianga“. Ein Maskenball: Anspielend auf den Film „Farinelli“ charakterisiert Malakhov den Künstler als schillernd androgyne Figur – mit Flügeln und Fesseln. Angefeuert von der Staatskapelle Berlin unter Leitung von Paul Conelly tanzt schließlich das Staatsballett den 3. Satz aus Balanchines „Ballet Imperial“ mit zündendem Speed. Ein geglückter Saisonstart.

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