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V.S. Naipaul im Jahr 2001.

© dpa

Romane zwischen Fiktion und Essay: Literaturnobelpreisträger V.S. Naipaul ist tot

V.S. Naipaul, geboren in Trinidad, stieg zu einem großen englischsprachigen Schriftsteller auf. 2001 erhielt er den Nobelpreis. Jetzt starb er mit 85 Jahren.

Der Literaturnobelpreisträger V.S. Naipaul ist tot. Der Schriftsteller sei im Alter von 85 Jahren am Samstag friedlich gestorben, teilte seine Familie in Großbritannien mit. „Er war ein Riese in allem, was er erreicht hat, und er starb im Kreis seiner geliebten Menschen, nachdem er ein Leben voll wunderbarer Kreativität und Streben gelebt hatte“, heißt es in einer Erklärung von Lady Naipaul. In einer ersten Reaktion äußerte sich sein Kollege Salman Rushdie ("Die satanischen Verse") bestürzt. „Wir waren uns Zeit unseres Leben uneinig, über Politik, über Literatur, und ich fühle mich so traurig, als hätte ich einen geliebten älteren Bruder verloren. Ruhe in Frieden, Vidia“, twitterte Rushdie am frühen Sonntagmorgen.

Auf den Spuren seiner Vorfahren

Geboren wurde Sir Vidiadhar Surajprasad Naipaul am 17. August 1932 auf der Karibikinsel Trinidad in eine Familie indischer Herkunft. Ein Stipendium ermöglichte dem 18-Jährigen ein Studium in Oxford. Dort lernte er seine erste Frau Patricia Hale kennen, mit der er bis zu ihrem Tode 1996 verheiratet war. Nach einigen Jahren als Journalist für britische Medien begann Naipaul Romane zu schreiben. Die ersten spielten noch auf Trinidad. Später erkundete er Afrika, Asien und Lateinamerika und verarbeitete seine Eindrücke in Romanen, Reportagen und Essays. In „Land der Finsternis“ (1964, deutsch 1997) analysierte er kritisch die Verhältnisse in Indien, dem Land seiner Vorfahren. In „Eine Islamische Reise“ (1981, deutsch 1982) wurde er zum Islamkritiker. Der Roman „An der Biegung des großen Flusses“ (1979, deutsch 1980) beschrieb Chaos und Gewaltherrschaft in den unabhängig gewordenen Staaten Afrikas.

Zum Ritter geschlagen

Naipauls Stärken waren seine klare, schnörkellose Sprache, sein Recherchefleiß und seine Fähigkeit, genau zu beobachten. Er wurde von Königin Elizabeth II. zum Ritter geschlagen, 2001 erhielt er den Literaturnobelpreis.
Kritiker warfen V. S. Naipaul neben Arroganz und Ruppigkeit vor, die Welt vor allem aus dem Blickwinkel der Kolonialherren zu betrachten. In der 2008 erschienenen autorisierten Biografie "The world is what it is“ (Die Welt ist, was sie ist) beschrieb der britische Literaturwissenschaftlers Patrick French wenig schmeichelhaft, wie der Nobelpreisträger seine erste Ehefrau und seine langjährige Geliebte über Jahrzehnte demütigte.
In seinem Spätwerk behandelte Naipaul in Romanen wie „Ein halbes Leben“ (2001, deutsch 2003) oder „Magische Saat“ (2004, deutsch 2005) wieder die Frage von Identität und Heimatlosigkeit. Der weltberühmte Schriftsteller hinterlässt seine zweite Frau Nadira und eine Tochter. dpa

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