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Der Berliner Rundfunkchor und Kyiv Brass im Berliner Dom

© Peter Adamik

Rundfunkchor Berlin: Klänge der Ukraine

Der Berliner Rundfunkchor singt bei seinem Weihnachtskonzert im Dom diesmal „Geistliche Chormusik aus der Ukraine“ - und viele Geflüchtete hören zu.

Von Tye Maurice Thomas

Mit einem Programm der besonderen Art leitet der Rundfunkchor Berlin am Donnerstag die Feiertage ein. Beim Weihnachtskonzert im Berliner Dom sind geistliche ukrainische Chorwerke aus vier Jahrhunderten zu erleben. Das Konzert soll den Menschen aus der Ukraine die Solidarität zusichern und gleichzeitig ein Zeichen setzen für die verbindende und tröstende Kraft der Musik.

Dank des hervorragend recherchierten, zweisprachigen Programmheftes lässt sich der Aufführung mühelos folgen. Den Kern des Programms bildet die „Liturgie des heiligen Johannes Chrysostomos“ des zeitgenössischen Komponisten Jewhen Stankowytsch, aus der drei Teile zu hören sind. Wenn der Basso profundo Zigmārs Grasis kraftvoll das „Herr, erbarme Dich“ in Alt-Ukrainisch anstimmt, spürt man die archaische Kraft dieser Musik.

Mystische Atmosphäre

Immer wieder kippen einstimmige Kirchengesänge in komplexe mehrstimmige Harmonien, werden statische Klangflächen von rhythmischen Einwürfen unterbrochen. Besonders anrührend ist Stankowytschs Vertonung des „Vater unser“, bei dem sich einige Chorsänger:innen rezitierend durch den Kuppelsaal bewegen. Gesprochener Text vermischt sich mit Chorgesang und schafft im Halbdunkel des vollbesetzten Domes eine mystische Atmosphäre.

Tausendjährige orthodoxe Tradition ist auch in der „Feierlichen Liturgie“ Lesja Dytschkos zu spüren, die sich als eine der ersten zeitgenössischen Komponist:innen, nach Jahrzehnten kommunistischen Verbots, mit sakraler Musik auseinandersetzte. Wie Stankowytsch verbindet auch sie kulturelles Erbe behutsam mit romantischer Harmonik.

In der halligen Akustik des Berliner Domes entfaltet der Rundfunkchor unter der Leitung von Gijs Leenaars einen prachtvoll opulenten Klang. Mit hervorragender Diktion meistern die Sänger:innen die ukrainische Sprache – eine beeindruckende Leistung! Einzig die aus der orthodoxen Gesangstradition bekannte kraftvolle Tiefe der Bässe ist ein wenig zu schwach.

Prachtvolle Opulenz

Den zweiten Teil des Programms bilden Bearbeitungen volkstümlicher Weihnachtslieder. Besonders das Weihnachts-Wiegenlied für Alt-Solo und Chor Oleksander Tarassenkos ist hier hervorzuheben. Roksolana Chraniuk singt das elegische Wiegenlied für das Jesuskind anrührend und mit warmem Timbre. Auch das von Mykola Leontowytsch bearbeitete „Schtschedryk“, im angelsächsichen Raum als „Carol of the Bells“ bekannt, darf nicht fehlen.

Es ist ein melancholisches Weihnachtskonzert, was nicht nur an den Moll-Klängen liegt, die das Programm beherrschen. Für die rund 170 anwesenden ukrainischen Geflüchteten dürfte die Weihnachtsbotschaft in Zeiten von Krieg und Trennung eine besondere Bedeutung haben. Hoffentlich lässt sich dasselbe Konzert nächstes Jahr im wieder eingekehrtem Frieden hören!

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