zum Hauptinhalt

Kultur: S.Y.P.H.

Von Uta M. Reindl Ein Traum ist in Erfüllung gegangen: Düsseldorfs Kunstverein und Kunsthalle feiern die gemeinsame Wiedereröffnung unter einem Dach, und zwar unter der Leitung zweier Frauen.

Von Uta M. Reindl

Ein Traum ist in Erfüllung gegangen: Düsseldorfs Kunstverein und Kunsthalle feiern die gemeinsame Wiedereröffnung unter einem Dach, und zwar unter der Leitung zweier Frauen. Dafür hatte eine Initiative von Düsseldorfer Künstlern und Kunstfreunden seit Mitte der neunziger Jahre gestritten: für den Erhalt des Betonkubus am Grabbeplatz gegenüber der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, für den Fortbestand beider Einrichtungen und für mehr Frauenpräsenz in Ausstellungen und Institutionen.

Das gesamte Haus wurde von dem Architektenteam „rheinflügel baukunst“ behutsam und im Sinne einer größeren Klarheit renoviert, die ehemals städtische Kunsthalle wurde in ihrer zweiten Etappe in eine gemeinnützige GmbH umgewandelt. Und ihre neue Leiterin, die Musikwissenschaftlerin Ulrike Groos, gab in den auf drei Etagen verteilten Räumen durchaus einen programmatischen Auftakt mit der Cross-Over-Ausstellung zur Punk-Szene, deren Titel „Zurück aus Beton“ von einem Song-Titel der Punk-Band „S.Y.P.H.“ stammt und auch ironisch auf die architektonische Eigenheit des Hauses am Grabbeplatz verweisen will.

Das ambitionierte Kunsthallen-Programm verspricht für den Herbst eine umfassende Werkschau des US-Konzeptkünstlers Dan Graham und im kommenden Jahr eine Einzelschau der Britin Bethan Huws mit Textinstallationen. Den grenzüberschreitenden Video-und Filmprojekten von jungen Künstlerinnen aus der Düsseldorfer Szene widmet sich eine Themenausstellung. Nach bewährter Kunsthallen-Tradition gibt es 2003 Arbeiten der Schmidt-Rottluff-Stipendiaten zu sehen und die vor Amtsantritt der neuen Leiterin verabredete Gegenausstellung mit junger Kunst aus Moskau. In der umfassenden Gerry Schum-Retrospektive sieht Leiterin Ulrike Groos ein besonders wichtiges Projekt, weil für sie der Düsseldorfer Künstler über seine legendäre Rolle als Integrationsfigur der lokalen Kunstwelt hinaus auch als „Erneurer für Film und Video“ wichtig ist.

Doch die großen Ausstellungen, wie sie einst Jürgen Harten für die Düsseldorfer Kunsthalle realisierte, mit Künstlern wie Picabia und Richter in den Achtzigern oder Tatlin und Rodtschenko in den neunziger Jahren, werden für Ulrike Groos kaum mehr möglich sein, verfügt sie doch ob der neuen Organisationsform über ein deutlich kleineres Budget als ihr Vorgänger und ist auf Sponsoren angewiesen. Die 38-Jährige trägt’s mit Fassung, denn „für solche Ausstellungen gibt es inzwischen andere Häuser in Düsseldorf. Die Kunsthalle will Nischen füllen.“

Das Finanzierungsproblem hat Rita Kersting, die neue Leiterin des Kunstvereins im Geschoss über den Kunsthallen-Räumen vorläufig nicht, zumal die Stadtwerke Düsseldorf die ständigen Partner ihres Vereins sind. Die 33-Jährige, einst beim Kölner Ludwig Museum sowie in den Krefelder Häusern Lange und Esters tätig, organisierte schon auf der Baustelle gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Anette Freudenberger Konzerte mit künstlerischen Doppeltalenten, Vorträge und Präsentationen unter dem Titel „EINGANG LINKS“ - weil man damals nur durch den linken Nebeneingang ins Haus kam.

„Wir wollen mit einzelnen Künstlern arbeiten, vor allem stärker mit der Düsseldorfer Szene“, kündigte Kersting an, die sich bereits in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt erfolgreich um Sponsoren für Atelier-und Reisestipendien bemüht hat. Das Kunstvereinsprogramm sieht zunächst eine Einzelschau von der aus London stammenden und in Berlin lebenden Tacita Dean vor. Ab Januar 2003 installiert Sam Durant aus Los Angeles eine Art Hommage an eine Beuys-Arbeit in der Kunsthalle, die auch im renovierten Haus wieder zu sehen ist.

Problematische Konkurrenz von Kunstverein und Kunsthalle ist nach Rita Kersting nicht zu befürchten, weil sich beide Leiterinnen in ihren Konzepten verwandt fühlen. Kersting hofft im Gegenteil auf mehr Synergieeffekte, die auch ihre Auftakt-Ausstellung parallel zu „Zurück zum Beton“ auszeichnen: Die reduzierte Wandmalerei des Briten Richard Wright ist nicht nur ein Ort der Ruhe nach dem visuell und akustisch intensiven Rundgang durch die Punkausstellung, sie stellt auch Verbindungen zur britischen Punkszene her.

Die starke Präsenz von britischer und US- amerikanischer Kunst, ein deutlicher Lokalbezug und auch der von der aktuellen Documenta erneut abgesegnete interdisziplinäre Dialog soll auch die kommenden Veranstaltungen im alten und zugleich neuen Haus am Grabbeplatz auszeichnen - und hoffentlich weiterhin eine gute Synergie.

„Zurück zum Beton. Die Anfänge von Punk und New Wave in Deutschland, 1977-82“, Kunsthalle Düsseldorf, bis 15. September. „Richard Wright“ im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, bis 22. September

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false