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Die Flamenco-Sängerin Maria Toledo.

© Antonio Rojo/Promo

Saisonabschluss im Konzerthaus: Auf Koffern

Das Konzerthausorchester beendet die Saison mit einem spanischen Abend unter Leitung von Josep Pons.

Wie nebenan in der Komischen Oper spielt man im Konzerthaus tapfer bis Mitte Juli. So lange, bis andere die Berliner Sommerbespielung übernehmen, draußen auf dem Gendarmenmarkt. Die Freitreppe wird gerade zur Bühne umgebaut, der Portikus erhält Konkurrenz durch ein Wellblechdach. Und mittendrin in dieser Verwandlung, quasi auf gepackten Koffern, präsentiert das Konzerthausorchester sein letztes Programm dieser Saison. Ein Sehnsuchtsabend mit Kompositionen von Manuel de Falla und Maurice Ravel, die ihre Werke kräftig mit dem würzten, was leichterdings als Folklore bezeichnet wird. Und doch viel mehr bedeutet – eine Erweiterung des harmonischen Raums, eine Begegnung mit dem Fremden, mit dem Orient, der Leidenschaft.

Die Programmplaner des Konzerthauses wollten dabei alles richtig machen und verpflichteten mit Josep Pons einen ehrenhaften spanischen Maestro, der viel für das Musikleben der iberischen Halbinsel getan hat, inzwischen aber wirkt wie ein emeritierter Professor. Sicher kann man von ihm lernen, doch die Begeisterung bringt man besser selber mit. Ihm zur Seite wurde Patricia Petibon programmiert, dem Titel ihres letzten Albums „La Belle Excentrique“ angemessen in rot-schwarz Durchbrochenes gewandet. Doch es funkt nicht zwischen den beiden, weder in de Fallas Todesbeschwörung „La vida breve“ noch in Ravels nach Abenteuern dürstender „Shéhérazade“. Die Sopranistin wirkt überspannt, ihr Dirigent abgespannt. Kommt schon mal vor, wenn der Urlaub unmittelbar bevorsteht.

Dabei gibt es so viel Hinreißendes zu entdecken, etwa in Ravels „Rapsodie espagnole“ mit ihren aufreizend langsamen, den Schwerpunkt weit hinausschiebenden Taktfolgen. Die Kunst des Auslassens, die eine zugleich raffinierte wie archaische Klarheit heraufbeschwört, in der man sich verlieren kann. Das Konzerthausorchester und sein diskreter Dirigent vermögen daran zu rühren, auch wenn in de Fallas „El amor brujo“ eine Frau die Bühne betritt, die das Zeug dazu hat, allen den Atem zu nehmen. Die Flamenco-Sängerin Maria Toledo erschüttert mit ihren rauen Melismen unsere Vorstellung eines fest umrissenen Europas. Und lässt die Sehnsucht nach dem Orient auferstehen. Es hätte ein Fest der Grenzüberschreitung werden können, so kurz vor Saisonende. Wenn Toledo nicht nur die vier Episoden des „Liebeszaubers“ hätte singen dürfen, sondern auch etwas aus ihrem Repertoire, als Zugabe. So aber siegt die Programmroutine über die Neugier. Und die Reise im Kopf endet früher als ersehnt (noch einmal am heutigen Sonntag, 16 Uhr).

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